16. November 2010

AUF DEN SCHULTERN VON RIESEN (Der Mythos Jesus Teil 4)


[Teil 1: Der unsichtbare Mann]
[Teil 2: Leben wie Gott in Galiläa] [Teil 3: Lehre/Versprechungen]  

Das neue Testament erzählt die verrückte Geschichte vom Sohn Gottes, der Menschen vom Tode erwecken kann, selbst stirbt und wiederaufersteht. Und am Ende der Welt wiederkehrt und die Armeen des Satans besiegt.
Woher stammen die merkwürdigen Storys?


Von Gott, sagen Christen. Er hat es ja so in seinem neuen Buch geschrieben! Denn die Bibel ist für Christen eine Offenbarung des Allmächtigen Gottes, eine "Enthüllung göttlicher Wahrheiten".

"Offenbarung bezeichnet das Erschließen (Eröffnen) von etwas bisher Verborgenem. Im religiösen Sprachgebrauch bezeichnet das Wort Offenbarung oft Enthüllung göttlicher Wahrheiten oder eines göttlichen Willens."

(Wikipedia)



Das Problem an dieser Enthüllungsgeschichte:  Die Geschichten des neuen Testaments und die Ideen und Konzepte, die dahinter stehen, gab es allesamt auch schon vorher. Nichts davon ist wirklich neu. Warum aber sollte Gott seinen Anhängern erzählen, was die eh schon wussten?

Nun kann man glauben, dass Gott das neue Testament den Menschen offenbart hat und der Teufel Teile davon abgeschrieben und vorher veröffentlicht hat, wie dies viele der frühen Kirchenväter behauptet haben.
Oder vielleicht hat das Christentum einfach Gedanken und Konzepte von anderen Religionen aufgegriffen. Aber das wäre ja absurd...



"9 Was ist's, das geschehen ist? Eben das hernach geschehen wird.
Was ist's, das man getan hat? Eben das man hernach tun wird;
und geschieht nichts Neues unter der Sonne.
10 Geschieht auch etwas, davon man sagen möchte: Siehe, das ist neu?
Es ist zuvor auch geschehen in den langen Zeiten, die vor uns gewesen sind."


(Prediger 1:9-10)




MENSCH, GOTT!

In der Bibel wird berichtet, dass die Jungfrau Maria vom heiligen Geist geschwängert wird. Jesus Christus soll demnach gleichzeitig menschlich und göttlich gewesen sein. Diese Idee ist allerdings alles andere als neu.

So wurde beispielsweise Alexander der Große (356-323 v. Chr.) zu seinen Lebzeiten von Vielen als ein Sohn von Zeus bezeichnet - obwohl er als Pharao von Ägypten offiziell eigentlich als Sohn des Sonnengottes Amun verehrt wurde.

Den römischen Kaiser Augustus (63 v. Chr. - 14 n. Chr.) nannte man ebenfalls "Sohn eines Gottes". Manche seiner Zeitgenossen hielten ihn sogar für einen lebenden Gott, obwohl er erst nach seinem Tod vom römischen Senat offiziell und rechtskräftig zu einem Gott erklärt wurde.
Auch Jesus wird in der Bibel als Sohn Gottes und als Gott bezeichnet: 
- "Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes" (Markus 1:1)
- "Ich und der Vater sind eins." (Jesus in Johannes 10:30)



Schon das babylonische Gilgamesch-Epos, das als einer der ältesten erhaltenen literarischen Texte der Menschheit gilt und etwa zwei Jahrtausende älter ist als die Evangelien, erzählt von einem Helden, der gleichzeitig göttlich und menschlich war, dem legendären König Gilgamesch.
Er soll im 27. Jahrhundert vor Christus über den Stadtstaat Uruk geherrscht haben und eine imposante Statur besessen haben. Man darf nicht vergessen, dass die Menschen damals im Durchschnitt sehr viel kleiner waren als heute - daher scheint die angebliche Körpergröße von ungefähr fünf Metern doch etwas übertrieben zu sein...

Sagen von Helden mit menschlichen und göttlichen Anteilen findet man in den meisten Kulturkreisen.
Allein in der Mythologie der alten Griechen gibt es gleich Unmengen an Figuren, die einen göttlichen und einen menschlichen Elternteil haben, z.B. Achilles, Herakles (Herkules), Orion, Asklepios, Minos, Perseus und Orpheus.


Selbst in der Tradition der Bibel ist Jesus weder der erste und einzige Sohn Gottes, noch die einzige Figur, deren Vater göttlich und deren Mutter menschlich ist.

"4 In jenen Tagen waren die Riesen auf der Erde, und auch nachher, als die Söhne Gottes zu den Töchtern der Menschen eingingen und diese ihnen gebaren. Das sind die Helden, welche von alters her waren, die Männer von Ruhm gewesen sind."

(Genesis 6:4)




Y TU MAMA TAMBIEN

Viele dieser Charaktere, die aus so einer Mensch/Gott-Mischehe hervorgingen, wurden auf wundersame Weise gezeugt, ohne das Geschlechtsverkehr im Spiel war.

Zum Beispiel Perseus, ein Halbgott aus der griechischen Sagenwelt. Seine Geschichte beginnt damit, dass dem König Akrisios von einem Orakel vorhergesagt wird, er werde eines Tages von einem seiner Enkel ermordet. Aus Furcht sperrt er sein einziges Kind, die bislang unverheiratete und kinderlose Danaë, in einen Kerker.
Dort wird sie dennoch schwanger - und zwar vom Göttervater Zeus, der in Form eines Goldregens erscheint. Aus dieser seltsamen Verbindung geht dann Perseus hervor.



Der gute Zeus hatte übrigens sehr oft Sex mit menschlichen Frauen. Genau wie bei der Schwängerung Marias in der Bibel werden die Frauen dabei nie nach ihrer Meinung und ihrem Einverständnis gefragt.

Magischen Zeugungen durch Götter gibt auch in anderen vorchristlichen Mythen. Ein Beispiel dafür finden wir in der Religion Zarathustras, die in Persien im 1. Jahrtausend v. Chr. entstand. In der Avesta (einer Sammlung heiliger Texte) wird ein Erlöser namens Astvatereta angekündigt, der auf die Erde kommen soll, um alles Böse zu zerstören und die Harmonie der Welt mit dem gütigen Schöpfergott (Ahura Mazda) wiederherzustellen.

Dieser Erlöser soll gezeugt werden, indem eine Jungfrau in einem See badet, in dem der Samen des Religionsgründers Zarathustra auf magische Weise konserviert wurde. Diese Legende finden wir in den Yashts, deren Entstehungszeit wohl zwischen 559 und 330 vor Christus war.

Die aztekischen Zwillings-Gottheiten Xolotl und Quetzalcoatl sollen ebenfalls eine jungfräuliche Mutter gehabt haben. Das sind diese hübschen Kerle:


Selbst einigen historischen Persönlichkeiten sagte man eine Geburt durch eine Jungfrau nach, wie Kaiser Augustus, Alexander dem Großen oder Platon.



DAS HAT DIR DER TEUFEL GESAGT!

Natürlich sind diese Ähnlichkeiten auch den frühen Christen aufgefallen. Mehrere der Gründer der christlichen Kirche (die "Kirchenväter" - es sind unüberraschenderweise alles Männer) erwähnen diese Parallelen in ihren Schriften.
Kirchenvater Sankt Origines schrieb zum Beispiel im 2. Jahrhundert in seiner Verteidigungsschrift für die neue Religion "Contra Celsus" darüber. Er nennt Beispiele von angeblichen Jungfrau-Geburten der griechischen Sagenwelt (Danaë, Melanippe, Auge und Antiope) und erwähnt das Gerücht, Platons Mutter sei bei dessen Geburt ebenfalls jungfräulich gewesen. Er ist aber der Meinung, das sei nicht weiter zu beachten, da das ja alles nur erfundene Geschichten seien und nur Christus wirklich von einer Jungfrau geboren wurde. [Nachzulesen hier, Kapitel 37]

Kirchenvater Sankt Tertullian behauptet in seinen "Prozesseinreden gegen die Häretiker", der Teufel habe die Bibel einfach dreist kopiert - in früheren Schriften. Mit dieser Meinung stand er nicht allein da - auch andere Kirchenväter wie z.B. Sankt Irinaeus oder Sankt Justin der Märtyrer vertreten in ihren Schriften diese merkwürdige Position (nachzulesen z.B. in Kapitel 21 von Justins Buch "Die erste Apologie", hier online).

Um herauszufinden, wo der Teufel, dieser Schlingel, überall seine Finger im Spiel hatte, begeben wir uns nun auf eine Reise durch die spannende Welt der vorchristlichen Mythologien...



IF YOU MEET THE BUDDHA, KILL HIM!

Buddhisten wie auch Historiker glauben in der Regel, dass der Begründer des Buddhismus, Siddhartha Gautama, eine historische Person war. Sie sind sich aber ziemlich uneins, wann er gelebt haben soll.
Während östliche Buddhisten von einem Geburtstermin im Jahr 949 v. Chr. ausgehen (manche allerdings auch von 878 v. Chr.), glauben die nördlichen Buddhisten, er sei 881 v. Chr. geboren. Westliche Historiker datieren seine Geburt auf 623 v. Chr., 563 v. Chr., 491 v. Chr. oder 480 v. Chr..


Da wirklich überzeugende historische Belege für seine Existenz aber fehlen, ist es gut möglich, dass es ihn gar nicht gegeben hat. An der buddhistischen Lehre ändert das nichts. Daher spielt es für die meisten seiner Anhänger keine große Rolle, ob es wirklich je einen historischen Buddha gegeben hat.

Unbestritten gibt es aber die mythologische Gestalt "Buddha", von der im folgenden die Rede sein wird.
Dieser sagenhafte Buddha hat keinen irdischen Vater. Seine Mutter, die Königin Maya, wird mit ihm schwanger, so erzählt man, nachdem sie sich im Traum mit einem weißen Elefanten vereinigt hatte.



Schon wenige Tage nach Siddharthas Geburt sagt man ihm voraus, dass er ein großer spiritueller Lehrmeister werden würde. Auch in der Bibel gibt es eine Episode, in der der wenige Tage alte Jesus als zukünftiger Heiland erkannt wird (Lukas 2:25-32).
An dieser Stelle machen beide Geschichten einen großen zeitlichen Sprung bis Siddhartha und Jesus etwa dreißig sind (Lukas 3:23).


Der mythologische Buddha soll im Alter von 29 Jahren begonnen haben, seinen Weg zur Erleuchtung zu suchen - ungefähr im selben Alter, in dem Jesus getauft wird und seine Mission beginnt.

Jesus und Siddhartha haben Reisegefährten, die gleichzeitig ihre Schüler sind. Siddhartha hat zunächst fünf Gefährten, Jesus zwölf.
Beide Zahlen haben in der jeweiligen Tradition wichtige symbolische Bedeutungen. So gibt es laut Torah (den Büchern Mose) zwölf israelitische Stämme, gegründet von den Söhnen des jüdischen Stammvaters Jakob. Im Buddhismus gibt es fünf Regeln (silas) für richtiges moralisches Handeln.

Der junge Prinz Siddhartha wächst der Sage nach wohlbehütet im königlichen Palast auf, bis er eines Tages bei einem Ausflug zum ersten Mal in seinem Leben mit Alter, Krankheit und Tod konfrontiert wird. In diesem Augenblick sagt er jedem Luxus ab und lebt von nun an in bescheidenen Verhältnissen.
Die Ablehnung von materiellem Reichtum teilt er mit dem biblischen Jesus.

"23 Und Jesus sah um sich und sprach zu seinen Jüngern: Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen! 
24 Die Jünger aber entsetzten sich über seine Rede. Aber Jesus antwortete wiederum und sprach zu ihnen: Liebe Kinder, wie schwer ist's, daß die, so ihr Vertrauen auf Reichtum setzen, ins Reich Gottes kommen!   
25 Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, denn daß ein Reicher ins Reich Gottes komme." 

(Markus 10:23-25)



Zunächst praktiziert Siddhartha eine extreme Form des Fastens, bei der er angeblich nur ein einziges Reiskorn am Tag isst. Er fastet so lange, bis er beinahe den Hungertod stirbt. In diesem Moment erkennt er, dass dieses Extrem nicht der richtige Weg zur Erleuchtung ist.

Der biblische Jesus macht eine ähnliche Entwicklung. Zu Beginn seiner Karriere fastet er vierzig Tage lang (Matthäus 4:2), danach gar nicht mehr. Er fordert seine Jünger sogar eindeutig auf, in seiner Anwesenheit nicht zu fasten (Matthäus 9:14). Da er außerdem an vielen Stellen der Bibel Wein trinkt, ist Jesus sicherlich kein Asket.

Siddhartha erkennt, dass der rechte Weg weder im Überfluss noch in völligem Verzicht auf alles Weltliche zu finden ist, sondern genau dazwischen.
Da er sich nun aber für diesen goldenen Weg der Mitte entschieden hat und das Fasten aufgibt, verlassen ihn seine Gefährten. Die allerletzte große Prüfung vor dem Höhepunkt der Story, die nun folgt, muss unser mythischer Held ganz alleine bestreiten.
In der Bibel wird Jesus ebenfalls von seinen Jüngern verlassen - kurz vor dem Klimax der Christus-Geschichte, der Kreuzigung (Matthäus 26:56). 

Der nun ganz auf sich allein gestellte Siddhartha setzt sich unter einem Bodhi-Baum und meditiert bis zu seiner Erleuchtung. Doch um die zu erreichen, muss er noch die Prüfungen des Dämonen Mara bestehen.
Mara verkörpert im Buddhismus das Böse in Person. Die Prüfungen erinnern daher an die Versuchung Christi durch Satan im Matthäus-Evangelium (Kapitel 4)



Mara schickt seine hübschen Töchter zum meditierenden Siddhartha, um ihn zu verführen und ihn damit von seiner spirituellen Erleuchtung abzulenken.
Auch Satans erste Versuchung in der Bibel hat mit der Befriedigung körperliche Triebe zu tun, als er den seit 40 Tagen fastenden Jesus überreden will, sich Brot herbei zu zaubern, was aus irgendwelchen Gründen aber schlecht wäre.

Natürlich bestehen Jesus und Siddhartha diese Prüfungen - indem sie sich so verhalten wie es für sie und ihre Anhänger charakteristisch ist: Jesus zitiert aus der Bibel und Siddhartha meditiert einfach stoisch weiter, geistig und emotional abgeschottet von der irdischen Welt.

Als nächstes hetzt Mara eine Armee von Dämonen auf den meditierenden Siddhartha. Doch der beachtet die Dämonen nicht. Sie können ihm daher nichts anhaben und ihre Pfeile verwandeln sich in Lotusblumen.
Zum großen Finale lässt Mara seine Dämonen bezeugen, dass er und nicht Siddhartha das Recht auf Erleuchtung habe. "Wer kann für dich zeugen?," fragt Mara Siddhartha.
Da erschallt eine Stimme aus der Erde, die behauptet, Mutter Erde zu sein und für Buddha zu zeugen.

Mara ist besiegt und Siddhartha erlebt seine Erleuchtung. Er ist nun ein Buddha. Obwohl er als erleuchtetes Wesen diese Welt nun für immer verlassen könnte, führt er noch ein sehr langes Leben, um anderen Menschen auf ihrem Weg zur Erleuchtung zu helfen.


Als Demonstration seiner erstaunlichen Fähigkeiten erweckt Buddha eine Leiche wieder zum Leben, was auch Jesus in der Bibel tut (z.B. in Johannes 11).
Außerdem soll Siddhartha auf Wasser gelaufen sein, ebenso wie einer seiner Anhänger. (In der Bibel laufen Jesus und sein Jünger Petrus auf Wasser  - Markus 6:45)

Der Buddha ist erst im hohen Alter eines natürlichen Todes gestorben - obwohl es mehrere Mordanschläge auf ihn gab, durch seinen verräterischen Jünger Devadatta.

Für alle, die zu jung sind, um sich an die glorreichen Jahre des Buddhas zu erinnern, gibt es gute Nachrichten. Es wird zukünftig einen neuen Buddha auf unserer Erde geben. Manche Buddhisten glauben sogar, dass er bereits unter uns weilt...


Die meisten modernen Christen haben ihre eigene persönliche Version von Jesus Christus: Friedliebend, mitleidsvoll, geduldig, verständnisvoll und sanftmütig soll er gewesen sein. Das hat mit dem biblischen Jesus sehr wenig zu tun und klingt viel eher nach dem Buddha.
Nur ist er in ihren Vorstellungen halt kein Inder (aber auch kein Mann aus dem nahen Osten), sondern ein weißer Europäer mit langen Haaren.



HARE KRISHNA HARE KRISHNA KRISHNA KRISHNA HARE HARE

Krishna soll nach hinduistischem Glauben gleichzeitig Gott, aber auch ein physisches Wesen aus Fleisch und Blut gewesen sein und im Jahr 3228 v. Chr. geboren worden sein.




Auf Darstellungen ist er in der Regel als gewöhnlicher Mensch abgebildet, wenn auch mit der (für normale Leute seltenen) Hautfarbe blau.
Allerdings gibt es auch eine Legende, in der Krishna seine wahre, göttliche Gestalt offenbart.


Bild oben: Krishna offenbart seine Göttlichkeit / Bild unten: Jesus offenbart seine Göttlichkeit


Krishna ist ein Avatar (eine physische Manifestation) des Gottes Vishnu.
In vielen hinduistischen Glaubensrichtungen ist Vishnu Teil der hinduistischen Dreifaltigkeit ("Hinduismus" ist ein westlicher Begriff, der viele verschiedene indische Religionen bezeichnet): Brahma ist der Erschaffer, Shiva der Zerstörer und Vishnu der Erhalter.



Es gab (und gibt) aber auch hinduistische Monotheisten, die Vishnu für den einen und einzigen Gott halten und Krishna für seine fleischliche Form auf Erden.

Viele Darstellungen zeigen Krishna mit seiner Geliebten Radha. Dieses Bild gilt als Symbol für ein Prinzip namens "Bhakti".

"Bhakti (Sanskrit, f., Hingabe, Liebe) bezeichnet im Hinduismus im weiteren Sinne Liebe zu einem personalen Gott, und im engeren Sinne die Andachtspraxis einer betont emotionalen Hinwendung zu einem personalen Gott." (Wikipedia)



Von dieser Liebe zu einem personalen Gott, nämlich Krishna, erzählt die Bhagavad-Gita ("Gesang Gottes"), die Bibel der Krishnaisten. Geschrieben wurde sie wahrscheinlich zwischen 400 und 100 vor Christus (und nicht, wie die hinduistische Tradition behauptet, um 3138 v. Chr.).

Ähnlichkeiten zum Christentum sind schwer zu leugnen. Krishna tritt in diesem Text nicht als gemeiner Straßengott auf, als einer von vielen - er ist die Quelle aller Existenz.
Nichts, das existiert, kann ohne ihn sein, behauptet er. Bescheiden ist der Kerl nicht gerade. So sagt er:

"Ferner, oh Ajuna, bin ich der zeugende Same allen Seins. Es gibt kein Wesen, beweglich oder unbeweglich, das ohne mich existieren kann."

(Bhagavad-Ghita 10:39)


"Von allen Schöpfungen bin ich der Anfang und das Ende und auch die Mitte, oh Arjuna."

(Bhagavad-Ghita 10:32)


Klingt irgendwie vertraut...

"13 Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, der Erste und der Letzte. [...]
16 Ich, Jesus, habe gesandt meinen Engel, solches zu bezeugen an die Gemeinden."

(Offenbarung 22:13,16)



Wie Jesus erklärt Krishna, dass er der Weg in das Reich Gottes sei.

"Nur durch hingebungsvollen Dienst kann man mich so verstehen, wie ich bin, höchste Person der Gottheit. Und wenn man sich durch solche Hingabe zu mir völlig bewusst ist, kann man in das Königreich Gottes eintreten."

(Bhagavad-Ghita 18:55)

"6 Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich."

(Johannes 14:6)



Jesus/Krishna verspricht seinen Anhängern ewiges Leben. 

"Oh, Sohn von Kunti, verkündige es stolz, dass mein Anhänger niemals dahinscheiden wird."

(Bhagavad-Ghita 9:31)


"10 Jesus antwortete und sprach zu ihm: [...]
16 Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben."

(Johannes 3:10,16)



Natürlich gibt es auch Unterschiede: Krishna behauptet zum Beispiel, alle Religionen führen zu Gott (Bhagavad Ghita 7:22-23),  während Jesus lehrt, dass alle in die Hölle kommen, die ihn verleugnen (Lukas 12:9).


Indische Einflüsse auf das Christentum sind nicht so unwahrscheinlich, wie es vielleicht klingen mag. Auch in vorchristlichen Zeiten gab es bereits kulturellen Austausch zwischen dem Mittelmeerraum und Indien.
Ein Teil des heutigen Indiens gehörte im vierten Jahrhundert vor Christus zum Reich Alexanders des Großen. Aus diesem Zusammenprall der Kulturen entstanden neue Kulturen, wie zum Beispiel der Greco-Buddismus.

Greco-Buddhistische Kunst: Der Buddha und Herakles (römisch: Herkules)


Doch man muss nicht bis nach Indien schauen, um in anderen Kulturen Ähnlichkeiten zum Christentum   zu finden, die der Teufel dort gemeinerweise hinterlassen hat.



HERAUSTRETEN IN DAS TAGESLICHT

Juden glauben nicht an ein Leben nach dem Tod. Der "Himmel" des alten Testaments ist kein Ort, an dem die Seelen der Menschen ihr Leben nach dem Tod verbringen, sondern der Wohnsitz von Gott und seinen Kindern. Manchmal kommt auch Satan zu Besuch.
Die Idee eines spirituellen Himmels entwickelte sich übrigens erst Jahrhunderte später als die Bibel - Mit "Himmel" ist tatsächlich einfach das gemeint, was sich über uns befindet.

Der Glauben an ein ewiges, glückseliges Leben nach dem Tod, als Belohnung für gutes moralisches Handeln, wurde allerdings nicht erst mit dem Christentum erfunden.


Einer der ältesten erhaltenen religiösen Texte der Menschheit ist das ägyptische Totenbuch. Es enthält Zauberformeln, die bei der Reise in das Leben nach dem Tod helfen sollen und daher mit ins Grab gelegt wurden.
Von diesen Texten, die auch mit Illustrationen versehen sind, und aus anderen Grabinschriften, erfahren wir, wie sich die alten Ägypter das Leben nach dem irdischen Leben vorgestellt haben.




Nach dem altägyptischen Glauben müssen Menschen nach ihrem Tod vor ein Gericht treten und über ihr Leben Rechenschaft ablegen. Der Tote muss schwören, 42 bestimmte Taten nicht begangen zu haben: z.B. Mord, Gotteslästerung, Tierquälerei und Diebstahl. Dabei wiegt Anubis, ein Gott mit dem Kopf eines Schakals, das Herz gegen eine Feder ab.
Ist das Herz schwerer als die Feder, hat der Verstorbene bei seinem Geständnis gelogen und muss nun einen zweiten, endgültigen Tod sterben. Ist das Herz aber genauso schwer wie die Feder oder leichter, wird er mit einem ewigen Leben in himmlischer Harmonie belohnt.
Wer die Prüfung nicht besteht, den erwarten furchtbare Qualen, da man in diesem Falle von Ammit, dem Fresser, einer Gottheit mit Krokodilschädel, verspeist wurde. Nicht gerade angenehm, aber im Gegensatz zur christlichen Hölle zumindest eine zeitlich begrenzte Strafe.

Zunächst glaubten die Ägypter, dass nur die Pharaonen nach dem Tod eine solche Reise vor sich haben. Inschriften mit hilfreichen Zaubersprüchen für die Odyssee gab es seit mindestens 2400 v. Chr. in Pharaonengräbern, die so genannten Pyramidentexte.
Ab ca. 2000 v. Chr. setzte sich die Überzeugung durch, dass dies das Schicksal aller Menschen sei, die sich entsprechend durch ihre Mumifizierung vorbereitet haben und es entstand das Totenbuch.
Die Bezeichnung "Ägyptisches Totenbuch" ist allerdings ein moderner Begriff, der Originaltitel des Textes bedeutet übersetzt in etwa: "Heraustreten in das Tageslicht".




HELL IS OTHER PEOPLE

Alle Menschen, die nicht in den Himmel dürfen, erleben laut den Evangelien (zu deutsch etwa "gute Nachrichten") für alle Ewigkeiten furchtbare Höllenqualen.
Diese Idee finden wir bei den Ägyptern nicht. Zwar werden auch hier Menschen nach dem Tod für irdische Verfehlungen bestraft, indem ihnen das ewige Leben bei den Göttern verwehrt bleibt und sie von einem hässlichen Vieh gefressen werden, das wie eine Mischung aus Krokodil, Löwe und Nilpferd aussieht. Doch danach hatte der Spuk ein Ende. Die Ägypter kannten keine Hölle und niemals endendes Leiden.


Hierzulande denkt man bei dem Begriff "Hölle" meist an die christliche Version. Trotzdem glauben viele, dass gute Menschen in den Himmel kommen und schlechte in die Hölle. Doch das ist nicht das, was uns die Bibel erzählt. Die stellt klar, dass alle Menschen Sünder sind - niemand ist gut.

"20 Denn es ist kein Mensch so gerecht auf Erden, daß er Gutes tue und nicht sündige."

(Prediger 7:20)


"9 Was sagen wir denn nun? Haben wir einen Vorteil? Gar keinen. Denn wir haben droben bewiesen, daß beide, Juden und Griechen, alle unter der Sünde sind,  
10 wie denn geschrieben steht: "Da ist nicht, der gerecht sei, auch nicht einer." 

11 Da ist nicht, der verständig sei; da ist nicht, der nach Gott frage.
12 Sie sind alle abgewichen und allesamt untüchtig geworden. Da ist nicht, der Gutes tue, auch nicht einer."

(Römer 3:9-12)

Mit "niemand ist gut" ist tatsächlich niemand gemeint. So sagt selbst Jesus über sich, dass auch er nicht gut ist. (Fragt sich nur, warum er dann ein Vorbild für uns sein soll.) 

"18 Aber Jesus sprach zu ihm: Was heißest du mich gut? Niemand ist gut denn der einige Gott."

(Markus 10:18)



Obwohl alle Menschen Sünder sind, kommen nicht alle in die Hölle. Sünder kommen also in die Hölle oder in den Himmel. Das Auswahlkriterium dafür hat absolut nichts damit zu tun, ob wir gut oder schlecht sind (- da alle schlecht sind).
Der Unterschied zwischen ewiger Glückseligkeit und unendlicher Qual hat einzig und allein mit dem rechten Glauben zu tun; alle Versuche, ein guter Mensch zu sein, sind vollkommen nutzlos.
Dieses Bild von Himmel und Hölle stammt hauptsächlich aus den Briefen des Paulus (z.B. Römer 3:21-23). Der Jesus aus den Evangelien stellt noch zusätzliche Anforderungen für den Himmel neben dem Glauben. Die Mehrzahl der christlichen Kirchen (insbesondere protestantische) ignoriert allerdings Jesus' Position und stützt sich völlig auf Paulus (übrigens nicht nur in diesem Punkt). Wahrscheinlich, weil ja nach ihrem Glauben Paulus der Sohn Gottes war und Jesus nur irgend so ein Typ...

Nach diesem Prinzip ("sola fide") kommt einer wie Adolf Hitler in den Himmel, wenn er getauft ist, bis zu seinem Tod Mitglied der Kirche und an Jesus glaubt - was bei Hitler übrigens alles zutraf.
Ganz sicher in die Hölle kam dagegen Gandhi, der nicht an Jesus geglaubt hat.
Diese Art von Hölle haben tatsächlich die Christen erfunden und die Moslems übernommen.


Doch es gab auch schon vor den Christen höllische Orte der Bestrafung in anderen Mythen. Auch in der hinduistischen Version der Hölle - Naraka - muss man qualvoll für seine Fehler büßen. Allerdings müssen Nicht-Hindus nicht in die Hölle, wenn sie anständige Menschen waren. Solche gibt es im Hinduismus im Gegensatz zum Christentum.
In Naraka muss man auch nicht ewig leiden, sondern je nach Schwere der Schuld eine sehr lange Zeit.
Der Buddhismus hat nach seiner Abspaltung vom Hinduismus die Vorstellung "Naraka" übernommen.
Darin gibt es einen Ort, Avici, in dem man eine Trillion Jahre, also 10.000.000.000.000.000.000 Jahre büßen muss. Sofern man zum Beispiel seine Eltern oder einen Buddha getötet hat.

Aber jede begrenzte Anzahl an Jahren, auch eine Trillion, ist nichts im Vergleich zum christlichen Leiden in alle Ewigkeiten. Die buddhistische und hinduistische Hölle ist eine harsche, aber verhaltensändernde und reinigende Bestrafung, nach der man wieder die Chance auf Erlösung bekam. Nakara gleicht daher eher der katholischen Vorstellung vom Fegefeuer (Purgatorium).



THE HORROR! THE HORROR!

Ein Ort der ewigen Qualen für irdische Sünden war auch schon in vorchristlichen Zeiten der Tartaros.
Dies war in der altgriechischen Mythologie ein bestimmter Teil der Unterwelt (Hades). In die Unterwelt kamen nach der damaligen griechischen Religion generell alle Menschen nach ihrem Tod, was an sich nicht weiter schlimm war. Es sei denn, man war ein besonders schlechter Mensch und wurde dafür in den Tartaros geworfen, wo man in alle Ewigkeiten leiden musste.

Der prominenteste Einwohner dieses Ortes ist Sisyphus, der dort unter großen Schmerzen einen Felsen auf einen Hügel schieben muss, wobei der Felsen vor Erreichen des Gipfels immer wieder herunterrollt. Nachlesen kann man das ganze in Homers Epos "Odyssee", das im 8 Jahrhundert v. Chr. niedergeschrieben wurde und auf Legenden beruht, die wahrscheinlich noch deutlicher älter sind.




Laut Platons "Phaidon" kommen jene Übeltäter für alle Ewigkeiten in den Tartaros, die "viele ungerechte und gesetzwidrige Mordtaten vollbracht haben oder anderes, was dem verwandt ist".



ER IST WIEDERAUFERSTANDEN

Auch der Mythos von Er, nachzulesen in Platons "Politeia" ( "Der Staat", ca. 380 v.Chr. erschienen), beinhaltet die Ansicht, dass manche Menschen für ihre Taten auf der Erde im Jenseits für alle Ewigkeiten leiden werden.
Der Krieger Er erzählt darin seinen Freunden, was nach dem Tod geschieht: Einige fahren in einen wunderschönen Himmel, andere werden für ihre irdische Sünden zehnfach gestraft. Bestimmte Leute, z.B. Mörder und Tyrannen, dürfen diesen Ort der Strafe niemals mehr verlassen.

Woher Er das alles weiß?
Nun, der Legende nach stirbt er auf dem Schlachtfeld und kehrt erst 12 Tage später aus dem Reich der Toten zurück.



TO HELL AND BACK

Die zentrale christliche Vorstellung von einem Gott, der stirbt und wiederaufersteht, ist nicht einzigartig - sie ist nicht einmal ungewöhnlich. Diese Kategorie von Gottheiten wurde oft mit dem Wandel der Jahreszeiten in Verbindung gebracht.

Die alten Griechen symbolisierten das Sterben und Wiederauferstehen der Natur mit dem Demeter/Persephone-Mythos. Die junge Persephone und ihre Mutter Demeter waren die zentralen Göttinen in den eleusinischen Mysterien, ein Geheimkult für Eingeweihte, der um 1500 vor Christus entstanden ist.
Die Sage beginnt damit, dass Persephone von ihrem Onkel Hades, dem Gott des Todes und der Unterwelt in eben diese entführt wird.




Ein Familiendrama nimmt nun seinen Lauf - Persephones Mutter kann ihren Bruder Zeus, Oberboss der Götter, davon überzeugen, ihre Tochter aus dem Reich ihres gemeinsamen Bruders Hades zu holen.
So wird der Götterbote Hermes von Zeus beauftragt, Persephone zu ihrer Mutter zurückzubringen.
Aber selbst Zeus, Chef aller Götter, kann bestimmte Regeln nicht völlig aufheben. Eine dieser Regeln ist, dass jemand, der in der Unterwelt etwas isst oder trinkt, nicht mehr von dort zurückkehren darf.
Hades zwingt Persephone ein paar Granatapfelkerne zu essen. Persephone darf zwar das Reich der Toten verlassen, muss nun aber jedes Jahr für ein paar Monate dorthin zurückkehren.
Immer wenn ihre Tochter in die Unterwelt gehen muss - die griechische Vorstellung von "Sterben" - wird ihre Mutter Demeter, Göttin der Fruchtbarkeit, so unendlich traurig, dass die Natur unfruchtbar wird. Bis Persephone im Frühling wieder aus dem Totenreich wiederkehrt und die Welt zu neuem Leben erwacht.




Weitere, heute nicht mehr so beliebte Götter, die aus dem Reich der Toten ins Reich der Lebenden zurückkehrten, waren z.B.

- Innana (sumerische Göttin, verehrt seit dem frühen 4. Jahrtausend vor Christus),
- Ishtar (babylonische Version der Innana, ab dem 3. oder frühen 2. Jahrtausend v. Chr.),
- Osiris (ägyptische Mythologie)
- Proserpina (römische Adaption von Persephone)
- Izanagi (japanische Mythologie)
- Zalmoxis (thrakische Gottheit)
- Adonis (griechische Mythologie) 
- Balder (nordische Mythologie)
- Jarilo (slawische Mythologie) und
- Andriamahilala (Mythologie der Ureinwohner Madagaskars, Name anscheinend unter Drogeneinfluss entstanden...)



BIRD IS THE WORD

Der Kirchenvater Sankt Clemens verwendet als Beispiel für Tod und Wiederauferstehung den Phönix.
Dies ist ein sagenhafter Vogel, den Clemens allerdings für ein tatsächlich existierendes Wesen hält, der alle 500 Jahre stirbt und wiederaufersteht. Der heilige Clemens weiß mehr: 

"Betrachten wir das wunderbare Zeichen, das in den östlichen Gebieten geschieht, das heißt in den (Gebieten) um Arabien. Es gibt (dort) nämlich einen Vogel, der Phönix heißt. Dieser, in nur einem Exemplar vorhanden, lebt fünfhundert Jahre. Wenn er aber dem Ende schon nahe ist und er sterben muß, baut er sich ein Nest aus Weihrauch und Myrrhe und den übrigen Spezereien; daraufhin, wenn die Zeit erfüllt ist geht er hinein und stirbt. Wenn aber das Fleisch verfault, entsteht ein Wurm, der sich von den feuchten Sekreten des gestorbenen Tieres nährt und Flügel bekommt. Danach, kräftig geworden, nimmt er jenes Nest auf, worin sich die Knochen des früheren (Vogels) befinden, und dies tragend durchmißt er (die Strecke) vom arabischen Land bis nach Ägypten zur (Stadt), die Heliopolis heißt. Und am Tage, wenn alle es sehen, fliegt er zum Altar des Helios, legt es (dort) nieder und kehrt wieder zurück. Die Priester nun schauen in den Zeittafeln nach und finden, daß er nach Vollendung des fünfhundertsten Jahres gekommen ist.
Halten wir es nun etwa für groß und bewunderungswürdig, wenn der Schöpfer die Auferstehung aller, die ihm in der Zuversicht guten Glaubens fromm gedient haben, bewirken wird, wo er uns doch sogar durch einen Vogel seine erhabene Verheißung anzeigt?"

(Erster Clemensbrief)



Der "erste Clemensbrief", aus dem dieser Text stammt, wurde bis ins 5. Jahrhundert als heilige Schrift, also göttlich inspiriert angesehen, hat es aber letztendlich dann doch nicht in die Bibel geschafft.
Trotzdem gibt es anscheinend so einen Vogel. Da Clemens Papst war und somit unfehlbar, kann er ja gar nicht lügen...



AND IN THE END...

Das Ende der Welt, das jüngste Gericht und der Glaube an das Erscheinen eines "Gesalbten" (hebräisch  "Messias", griechisch "Christos") sind auch schon im Judentum sehr wichtige Vorstellungen gewesen.

Neu an der christlichen Version des jüdischen Weltuntergangs ist der Kampf Gut gegen Böse, Jesus gegen Satan. Diese Schlacht wird laut dem Buch der Offenbarung des Johannes erst am Ende der Menschheitsgeschichte entschieden. Erst dann wird Satan endgültig besiegt und das Gute gewinnt.
Während der gesamten christlichen Geschichte - besonders im Mittelalter - spielt der Teufel in der Theologie der Christen eine wichtige und einflussreiche Rolle. Dies ist im Judentum nicht so.

Satan kommt zwar auch schon im alten Testament vor, ist aber nur dem Namen nach die selbe Figur.
Er ist dort nicht einmal im Ansatz ein würdiger Gegner für Gott und auch nicht für alles Böse in der Welt verantwortlich.
In der hebräischen Gedankenwelt war Jahwe der Schöpfer von allen Dingen und daher auch Ursprung allen Übels (Jesaja 45:7, Amos 3:6, Klagelieder 3:37). Satan tötet im gesamten alten Testament gerade einmal 10 Menschen - und das mit Erlaubnis von Gott.
Gott selbst hingegen tötet etwa 24 Millionen Menschen.

Und doch ist die Idee vom mythologischen Kampf Gut gegen Böse nicht erst im ersten und zweiten Jahrhundert mit dem neuen Testament entstanden.
Eine solche Schlacht ist das zentrale Motiv in der alten babylonischen Religion. Dort gibt es einen Schöpfer von allem Guten (Ahura Mazda) und einen für alles Böse (Ahriman), die sich einen ewigen Kampf liefern.
Irgendwann aber, so glaubte man, werde das Gute jedoch gewinnen. Zuvor erscheint aber noch ein Erretter, der von einer Jungfrau geboren wird.


Auch in der altägyptischen Religion ist eine solche mythische Schlacht sehr präsent gewesen. Hier kämpfte Set, der Unfruchtbarkeit, Dunkelheit und das Böse an sich verkörperte, gegen Horus - ein Sonnengott, der auch Fruchtbarkeit und das Gute repräsentierte.


Eine interessante Wendung in die Gut-vs.-Böse-Story bringt die Geschichte von Ragnarök, der Götterdämmerung in der nordischen Mythologie. Dort triumphiert nach der Schlacht nämlich nicht das Gute über das Böse...

Die Geschichte beginnt so: Den Sohn des Gottes Odin plagen Alpträume. Odin reitet daher zu den Pforten der Unterwelt "Hel". Dort liegt eine weise Frau begraben, die durch Odins Magie von den Toten wiedererweckt wird.
Sie erklärt ihm, was die düsteren Träume bedeuten: Sie sind Prophezeiungen vom Ende der Welt, von Ragnarök.

In dieser epischen Schlacht wird Donnergott Thor, der Beschützer der Menschen, vom dämonischen Fenriswolf ermordet. Göttervater Odin stirbt durch das Gift der Midgardschlange.
Die Sonne wird schwarz, die Welt steht in Flammen und die Sterne fallen vom Himmel.
Nach dem Kampf sind fast alle Götter, gut und böse, tot.
Auch alle Menschen sterben - bis auf zwei.





Doch aus dem Chaos erhebt sich eine neue Welt. Die einzigen beiden überlebenden Menschen, Lif und Lifthrasir, zeugen neue Menschen und bevölkern - ähnlich den biblischen Figuren Adam und Eva - die neue Welt mit inzestgeschädigten Nachkommen. Romantisch, nicht wahr?..



WHAT'S NEW, PUSSYCAT?

Nehmen wir doch noch einmal kurz alle wichtigen Stationen aus Jesus Leben unter die Lupe. Alle Eigenschaften und Geschichten, die die Figur Jesus Christus ausmachen, gab es bereits in früheren Mythologien im Mittelmeerraum.
Doch immer der Reihe nach:


- Die Ankündigung von Jesu Geburt durch einen Engel
...ähnelt stark der Ankündigung von Simsons Geburt durch einen Engel im alten Testament (Richter 13:3).


- Die Jungfrauen-Geburt

Auch schon da gewesen, siehe oben. 


- Jesus war Gott und Mensch
Wer nicht? Solche Figuren gibt es in unzähligen Mythologien. 


- Taufen, taufen, taufen
Laut neuem Testament wird Jesus von Johannes dem Täufer in einem Fluss getauft. Daraufhin tut sich plötzlich der Himmel auf, die Stimme Gottes ertönt aus dem Himmel und verkündet, dass Jesus sein lieber Sohn sei.

"13 Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, daß er sich von ihm taufen ließe. [...]
16 Und da Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser; und siehe, da tat sich der Himmel auf Über ihm. Und er sah den Geist Gottes gleich als eine Taube herabfahren und über ihn kommen.
17 Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe.


(Matthäus 3:13;16-17, siehe auch Markus 1:11, , Lukas 3:21-22)



Dieser Report vom Beginn der Reise im Auftrag des HERRN erinnert an den Anfang des Buch Hesekiel aus dem alten Testament. Hier berichtet Hesekiel (auch Ezechiel) von seiner ersten Begegnung mit Gott, die den Anfang seiner Mission markiert.

"1 Es begab sich im dreißigsten Jahre, am fünften Tage des vierten Monats, als ich unter den Gefangenen war am Flusse Kebar, daß sich der Himmel öffnete und ich Erscheinungen Gottes sah.
2 Am fünften Tage jenes Monats (es war das fünfte Jahr der Gefangenschaft des Königs Jojachin)
3 erging das Wort des HERRN an Ezechiel, den Sohn Busis, den Priester, im Lande der Chaldäer am Flusse Kebar, und die Hand des HERRN kam daselbst über ihn."
 
(Hesekiel 1:1-3)



- Heal the world
Ein Großteil der in der Bibel beschriebenen Wunder von Jesus waren Wunderheilungen.
Auch diese Berichte ähneln Geschichten, die in religiösen Fabeln der Zeit längst etabliert waren.
Ein Beispiel dafür aus der griechischen Mythologie ist Asklepios, Gott der Medizin und des Heilens, dessen Stab heute ein internationales Symbol für Apotheken ist.
Asklepios soll einen göttlichen Vater und eine sterbliche Mutter gehabt haben und durch die Landen gezogen sein, um Menschen zu heilen. Dabei ist er aber irgendwann zu weit gegangen sein und hat Tote wieder zum Leben erweckt.
Da dies aber eine Störung der natürlichen Ordnung war, tötete ihn Zeus, sein Großvater, kurzerhand mit einem Blitzschlag.


- Der Exorzist
Viele der Exorzismen aus den Evangelien sind gleichzeitig auch Wunderheilungen. Man glaubte, Blinde, Stumme und geistig Behinderte seien von Teufeln und Dämonen besessen.
Teufelsaustreibungen gibt es im alten Testament nicht, wohl aber in den weitaus älteren Religionen der Babylonier und Ägypter, die ebenfalls ein Zusammenhang von Krankheit und Besessenheit vermuteten.



- Der Zombie-Macher

Sowohl der Prophet Elia (auch Elijah), wie auch dessen Nachfolger Elisa (auch Elischa) haben dies bereits vor ihm getan (1 Könige 17:21-22/2. Könige 4:32-35) .
Erzählt uns zumindest das alte Testament. Vielleicht haben die Propheten aber auch nur behauptet, die Kinder wären tot und haben eigentlich etwas ganz anderes gemacht...

Urteilt selbst:

"32 Und da Elisa ins Haus kam, siehe, da lag der Knabe tot auf seinem Bett.
33 Und er ging hinein und schloß die Tür zu für sie beide und betete zu dem HERRN
34 und stieg hinauf und legte sich auf das Kind und legte seinen Mund auf des Kindes Mund und seine Augen auf seine Augen und seine Hände auf seine Hände und breitete sich also über ihn, daß des Kindes Leib warm ward.
35 Er aber stand wieder auf und ging im Haus einmal hierher und daher und stieg hinauf und breitete sich über ihn. Da schnaubte der Knabe siebenmal; darnach tat der Knabe seine Augen auf."

(2. Könige 4:32-35)



Elisa erweckt sogar nach seinem eigenen Tod andere wieder zum Leben.
In 2 Könige 13:21 wird eine Leiche, die Elisas Gebeine berührt, wieder lebendig. Er kann also Zombies ganz ohne Zaubersprüche und Riten machen. Das beeindruckt schon sehr, lässt einen aber zweifeln, ob das Ritual mit dem Kind wirklich nötig war, oder nur zu Elisas Privatvergnügen stattfand. 


- Die wundersame Vermehrung von Brot
Das vollbrachte der Prophet Elisa ebenfalls schon im alten Testament (2 Könige 4:42-44). 


- Stillung des Sturms
Der Bericht aus dem neuen Testament, in dem Jesus einen Sturm verschwinden lässt, indem er den Sturm "bedroht" (Markus 4:39), weist große Ähnlichkeit zu einer Geschichte aus dem Buch Jona auf  (Jona Kapitel 1).
Auch der alttestamentarische Prophet Elia konnte das Wetter manipulieren (1 Könige 17:1, 1 Könige 18:45).  


- Wasserläufer
Im neuen Testament läuft Jesus auf Wasser. Die Sagenfigur Orion aus der griechischen Mythologie konnte das ebenfalls - jedenfalls dem griechischen Dichter Hesiod zufolge (ca. 700 v. Chr.). 


- Strahlemann
Ein Wunder, das in drei der vier Evangelien beschrieben wird, ist die Transfiguration (oder Verklärung) von Jesus.
Dabei geht er auf einen Berg, fängt an zu leuchten "wie die Sonne" (Matthäus 17:2) und die Stimme des HERRN erschallt "aus einer Wolke" (Matthäus 17:5).
Im Buch Exodus spricht Moses mit dem HERRN, der aus einer Wolke kommt (Exodus 34:5), und zwar auf einem Berg. Danach beginnt sein Angesicht zu glänzen (Exodus 34:29). 


- Tod und Wiedergeburt
Kann ja jeder! Siehe oben... 


- Himmelfahrt
Jesus wurde "aufgehoben" und fuhr in den Himmel. Wer hat's erfunden?..
Richtig! Auch Elia ist zum Himmel gefahren... (2 Könige 2:11). 


- Comeback
Zum Ende der Welt soll Jesus wiederkehren. Genau wie - ihr ahnt es sicher schon - unser guter alter Bekannter, Elia. (Malachi 3:23)



ECHO

Was war denn nun wirklich revolutionär an Jesus? Eine Menge Christen behaupten: Seine Haltung zu Armen und die Aufforderung zur Nächstenliebe. Nicht seine Wunder, sondern seine Lehren.
Doch auch die sind nicht revolutionär.


"20 Und er hob seine Augen auf über seine Jünger und sprach: Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer."


(Lukas 6:20)


Hebt mal eure Augen auf diese Stelle aus den "Anweisungen des Amenemope", einem altägyptischen Text, der zwischen 1300 und 1075 v.Chr. entstanden ist:

"Gott bevorzugt den, der die Armen ehrt, vor dem, der die Reichen verehrt."


Berühmt ist auch das Jesu Gebot, dass man nun seine Feinde lieben soll. 

"44 Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen"

(Matthäus 5:44)


Ich aber sage euch: Auch das ist ein alter Hut. Folgende sumerische Inschrift stammt etwa aus dem Jahr 700 vor Christus: 

"Deinem Gegner tue nichts Böses; Deinen Übeltäter belohne mit Gutem"


Für Juden ist es im Angesicht des alten Testaments allerdings wirklich revolutionär, dass man seine Feinde plötzlich nicht mehr hassen soll und nicht mehr mit Gewalt auf Gewalt reagieren soll - wie Gott zuvor eindeutig befohlen hat... 

"38 Ihr habt gehört, daß da gesagt ist: "Auge um Auge, Zahn um Zahn."
39 Ich aber sage euch, daß ihr nicht widerstreben sollt dem Übel; sondern, so dir jemand einen Streich gibt auf deinen rechten Backen, dem biete den andern auch dar."

(Matthäus 5:38-39)


Es ist gesagt? Eine ziemlich schwammige Formulierung von Jesus. Wer hat es denn gesagt?

"13 Und der HERR redete mit Mose und sprach: [...]
20 Schade um Schade, Auge um Auge, Zahn um Zahn; wie er hat einen Menschen verletzt, so soll man ihm wieder tun."

(Levitikus 24:13;20)


Angeblich ist doch Jesus Gott! Er erzählt uns also eigentlich: Ich habe gesagt: "Auge um Auge", jetzt sage ich aber das Gegenteil.
Kann er sich mal entscheiden?


"43 Ihr habt gehört, daß gesagt ist: "Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen."
44 Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde;"

(Matthäus 5:43-44a)


Im alten Testament wird zwar - wie richtig von Jesus erkannt - fast immer empfohlen, seine Feinde zu hassen, aber eben nur fast.
Die einzige Konstante der Bibel ist, dass es zu jeder Stelle einen Widerspruch gibt. 

"17 Freue dich des Falles deines Feindes nicht, und dein Herz sei nicht froh über seinem Unglück"

(Sprüche 24:17)


"21 Hungert deinen Feind, so speise ihn mit Brot; dürstet ihn, so tränke ihn mit Wasser."

(Sprüche 25:21)



Eine der wichtigsten Lehren von Jesus ist die "goldene Regel": 

"12 Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch."

(Matthäus 7:12)

Dies ist in sehr vielen Fällen ein gutes moralisches Gesetz.
Bei Masochisten, also Leuten, die wollen, dass man ihnen Schmerz bereitet, allerdings eher nicht. Auch könnte ein verurteilter Verbrecher dieser Regel zufolge seinen Richter auffordern, ihn nicht ins Gefängnis zu stecken. Schließlich will er selbst auch nicht in den Knast. Dieses Beispiel stammt von Immanuel Kant, der die goldene Regel zum kategorischen Imperativ umarbeitete und intellektuell wasserdichter machte.

Aber auch die goldene Regel hat Jesus nicht erfunden. Das Buch Tobit, das im zweiten vorchristlichen Jahrhundert entstanden ist und Teil der Bibel der Katholiken und Orthodoxen ist (nicht aber der Protestanten und Juden), beinhaltet eine fast identische Regel: 

"15 Was dir selbst verhasst ist, das mute auch einem anderen nicht zu!"

(Tobit 4:15)

Man findet die goldene Regel aber auch schon früher: z.B. bei Konfuzius, den alten Ägyptern oder Thales, einem griechischen Philosophen aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. und vielen mehr.



DEJA VU

All diese Ähnlichkeiten des Christentums zu anderen, früheren Religionen überraschen nicht, wenn man die christliche Religion als Schmelztiegel damals populärer Ideen versteht. (Die beiden wichtigsten Einflüsse, das Judentum und die altgriechische Kultur, werden wir in späteren Teilen dieser Reihe noch genauer beleuchten.)
Eine solche Betrachtungsweise macht die Existenz einer echten Figur der Zeitgeschichte, die als Inspiration für die Bibelfigur Jesus Christus diente, zwar nicht unmöglich, aber zumindest unnötig.

Versucht man die vielen Parallelen zum Christentum aus früheren Kulturen zu leugnen, muss man nicht nur gegen viele historische Beweise argumentieren, sondern auch gegen die Argumentationen vieler der frühen Kirchenväter, den Begründern der Religion.
Diese Gründer des Christentums haben nicht behauptet, etwas radikal Neues zu predigen. Der Kirchenvater Sankt Justin schrieb um 150 nach Christus:

"Und wenn wir sagen, dass das Wort, der Erstgeborene Gottes ohne eine geschlechtliche Vereinigung gezeugt wurde, und dass Er, Jesus Christus, unser Lehrer, gekreuzigt wurde, starb, wiederauferstand und zum Himmel auffuhr, dann behaupten wir nichts anderes als was ihr von denen glaubt, die ihr für die Söhne Jupiters haltet."

(Sankt Justin der Märtyrer, "Erste Apologie", Kapitel 21)



Er nennt Beispiele aus der römischen und griechischen Sagenwelt und erklärt die Parallelen durch den Einfluss Satans. Eine ziemlich abstruse Theorie: Warum zum Teufel macht Satan so was?
Hofft er, dass, wenn man einen Teil der Story schon kennt, man dann die Bibel nicht mehr liest, weil's nicht mehr spannend ist?
Und kann Gott nichts dagegen unternehmen und muss hilflos mitanschauen, wie man seine Urheberrechte verletzt?


Die ganze Teufels-Theorie wirkt recht abenteuerlich und lässt das Christentum nicht so gut dastehen.

Wer immer noch glauben will, dass das Christentum radikal neu ist, argumentiert also, dass Kirchenväter wie Justin, Tertullian oder Irinaeus lügen und Ähnlichkeiten konstruieren, wo keine sind, um dann ihre Teufels-Theorie einzuwerfen.
Aber eine solche Lüge würde wohl wenig helfen, das Christentum zu verbreiten, was schließlich der Job dieser Männer war. Was sollte die Motivation für ein solches Handeln sein, das sicherlich auch nicht mit dem Glauben dieser Männer vereinbar gewesen wäre?

Rational betrachtet zeigen uns diese Kirchenväter in ihren Werken auf, dass die Meinung, das Christentum verkünde nichts wirklich Neues, in etwa so alt ist wie das Christentum selbst.

Nun ja, man weiß ja nie: Vielleicht war's ja doch der Teufel...
Aber ich würde kein Geld darauf setzen.


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SERIE: "DER MYTHOS JESUS"

[Teil 1: Der unsichtbare Mann]
[Teil 2: Leben wie Gott in Galiläa]
[Teil 3: Lehre/Versprechungen]
>>[Teil 4: Auf den Schultern von Riesen]
[Teil 5: Dekonstruktion]

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Großartig!
Vielen Dank für die viele Arbeit.