30. Juli 2012

JESUS 2.0 - Ein Theaterstück (Akt II)



[AKT I]



AKT II

SZENE 2

In einem weißen Raum sitzen Gott, Jesus, Paulus und L. Ron Hubbard an einem Tisch. Jesus trägt eine Sonnenbrille.

L. Ron: Guten Morgen, Gentlemen, und willkommen zu unserer zweiten Brainstorm-Session. Durch unser erstes Meeting ist mir bewusst geworden, dass wir, bevor wir unsere Kampagne richtig starten können, uns erst einmal auf eine gemeinsame Linie einigen müssen, wobei es beim Christentum denn eigentlich genau geht.
Das funktioniert im kleinen Kreis wahrscheinlich besser: Daher hab ich heute den Papst, Luther und Calvin nicht eingeladen, um mit der heiligen Dreifaltigkeit zu sprechen. Da der heilige Geist aber immer noch im Urlaub ist, hab ich mir erlaubt, als Vertreter Paulus einzuladen.

Gott und Paulus grüßen sich unenthusiastisch. Christus bleibt still und schweigt. Gott nimmt ihm die Sonnenbrille ab und bemerkt, dass Jesus schläft.

Gott: Mensch, Jesus!

Jesus (wacht schlagartig auf): Was?! Wer?.. Ich hab nur kurz meine Augen ausgeruht.

Gott (ungeduldig): Können wir anfangen? Ich hab später noch einen Termin bei einer Prosti.. äh, einem Priester.

Jesus (hat einen Kater): Von mir aus, aber sprecht bitte nicht so laut, ja?

L. Ron: Also, meine Herren, beginnen wir doch mal bei Jesus. Wenn Sie sich ihre Lieblingsstelle aus der Bibel aussuchen müssten, was wäre das?

Jesus: Oh, die Bergpredigt, auf jeden Fall. Das ist mein Meisterwerk!

L. Ron: Gut, dann gehen wir den Text doch mal gemeinsam durch und schauen, ob wir uns alle einig sind. Fangen Sie doch mit den ihrer Meinung nach wichtigsten Dingen an, ja?

Jesus: Okay, klingt gut.
(Beginnt aus der Bibel zu lesen, mit dem Tempo und Betonung eines Drittklässlers:)
Ihr habt gehört, daß gesagt ist: "Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen."

Gott: Gefällt mir bis dahin.

L. Ron: Moment mal... Sie haben vorher noch nie das neue Testament gelesen, Herr Gott?

Gott: Doch! Natürlich! Ich meine... Nicht direkt jedes einzelne Wort... Aber...
Ich habe es alles überflogen... Na ja, die Zusammenfassung auf Wikipedia.

L. Ron: Ach so... Dann machen wir doch einfach weiter.

Jesus (liest): Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde.

Gott: Seine Feinde lieben? Versteh ich nicht.

Jesus: Nicht? Du hast mir doch selbst immer wieder gesagt, du liebst alle Menschen.

Gott: Na, da warst du halt noch ein Kind... Ähm, ich meine, klar liebe ich alle Menschen.
(überlegt angestrengt)
Ah, ich glaube, jetzt verstehe ich, wie das gemeint ist. So wie schon im alten Testament geschrieben ist: Und wie sich der HERR über euch zuvor freute, dass er euch Gutes täte und mehrte euch, also wird er sich über euch freuen, dass er euch umbringe und vertilge.
(Ist sehr stolz auf sich:) Man liebt seine Feinde, weil es einem großen Spaß bereitet, wenn man sie und ihr gesamtes Volk ausrottet! Stimmt's oder hab ich Recht? Hä?

Jesus (ignoriert den Kommentar und liest weiter): Segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vater im Himmel; denn er lässt seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.

Gott: Ja, na logisch... Wie sollte ich denn die Sonne für die Gerechten aufgehen lassen ohne dass sie auch auf die anderen scheint?

L. Ron: Gute Frage. Machen wir doch erst mal weiter, ja?

Jesus (leicht angepisst, liest weiter): Ihr habt gehört, dass da gesagt ist: "Auge um Auge, Zahn um Zahn."

Gott: Genau!

Jesus: Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel; sondern, so dir jemand einen Streich gibt auf deinen rechten Backen, dem biete den andern auch dar.

Gott: Und weiter?

Jesus: Wie, weiter?

Gott: Na, das kann doch nicht alles sein! Warum lässt man sich ein zweites Mal schlagen? Als Ablenkungsmanöver? Weil sich in dem Moment von hinten ein Verbündeter von dir anschleicht und den Bastard das Schwert durch den Leib rannt oder so was in der Art? Das würde Sinn ergeben...

Jesus (kann seine Wut kaum noch verbergen): Was?! Nein!

L. Ron (diplomatisch): Ich bemerke leichte Unstimmigkeiten. Aber bitte fahren Sie doch fort, Herr Christus, ich bin mir sicher, dass wir auch noch einiges finden, worin Sie und ihr Vater übereinstimmen.

Jesus : Selig sind, die da geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr.

Gott: Also bitte!.. Das Himmelreich ist und bleibt meins!
(überlegt eine Weile)
Hey! Nennst du mich geistig behindert?

Jesus (schreit): Ich hasse dich!

Jesus verlässt mit Tränen in den Augen den Raum und knallt lautstark die Tür hinter sich zu.

Gott: Was für eine Drama Queen! Schon immer gewesen.

L. Ron: Und jetzt?

Gott: Ach, der kommt schon wieder angekrochen, wenn er Geld braucht.

L. Ron: Dann versuchen wir doch einfach zu dritt, die wichtigsten Schnittstellen vom neuen und alten Testament zu finden. Zumindest das sollte doch machbar sein.
Fangen wir doch bei den sozialen Fragen an. Wie sollte man sich als Gläubiger gegenüber Ungläubigen verhalten?

Gott: Oh, das weiß ich: Man soll ihr Volk ausrotten!

Paulus: Man soll sie bekehren zum Christentum!

Gott: Auch gut! Erst bekehren und dann töten! Wie ich es einst getan habe mit den 850 Priestern des Baal.

L. Ron: Entschuldigen Sie, Herr Gott, aber ich dachte, es ginge bei unserer Zusammenarbeit darum, bisher Ungläubige zu Christen zu machen?

Gott: Ach so, stimmt, hatte ich vergessen...

L. Ron: Einigen wir uns darauf, den Ungläubigen eine Chance zu geben, den wahren Gott zu finden?

Gott: Wenn's denn sein muss...

L. Ron: Denn Gott ist ja Liebe, sagt das neue Testament.

Gott: Das ist korrekt.

L. Ron: Gott hasst niemanden!

Gott: Das habe ich nicht gesagt!

L. Ron: Nicht?

Paulus (stolz): Gott hasst Esau!

Gott: Genau, zum Beispiel. Fein gemacht, Paulus!

Gott wirft ihm ein Leckerli zu, das Paulus mit dem Mund auffängt.

L. Ron: Warum hassen Sie denn diesen Esau, wenn ich fragen darf?

Gott: Nur so. Weil ich es kann.

L. Ron: Aha. Das heißt man muss auch Angst vor Gott haben?

Gott: Man soll sich fürchten vor dem HERRN, na sicher! Habe ich auch oft genug in meinem Buch erwähnt. Nur weil ich die Verkörperung von Liebe bin, heißt das ja nicht, dass ich nicht auch hasserfüllt und einschüchternd sein kann. Wieso auch?

L. Ron: Äh... Okay.
Kommen wir zum nächsten Punkt. Wie ist die Stellung der Frau in der Christengemeinde?

Paulus: Frauen sind der Männer Untertanen!

Gott: Sehe ich auch so.

L. Ron: Scheidung?

Gott: Klar, wenn die Schlampe nervt, hat man ja wohl das Recht, sie rauszuwerfen!

Paulus: Aber Jesus sagt doch, die Scheidung sei verboten!

Gott: Echt? Wo?

Paulus (liest): Mose hat euch erlaubt zu scheiden von euren Weibern wegen eures Herzens Härtigkeit; von Anbeginn aber ist's nicht also gewesen.

Gott: So ein Schmarr'n! Also erstens: Wieso sollte ich zulassen, dass Moses Gesetze in mein Buch schreibt, die mir nicht gefallen und sie als meine Gebote bezeichnet? Da hab ich ja wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden!
Und zweitens: Ein Mann und nur eine einzige Frau? Wer will denn so was?! Man kann natürlich so viele Frauen haben, wie man will. Das Ehebruchgesetz ist ja nicht da, um Frauen davor zu schützen, dass ihre Ehemännern mit anderen Frauen schlafen! Natürlich nur, wenn diese Frauen keinem anderen gehören, logisch. Das wäre ja absurd!
Es geht darum, dass deine Frauen nichts Unrechtes und Sündiges tun und mit anderen Männern verkehren. Hast du etwa nur eine Frau, Paulus?

Paulus: Ich habe keine Frau, ich lebe ein reines Leben.

Gott: Wie meinst du das, rein? Willst du sagen, dass der Fortpflanzungsakt meiner Geschöpfe etwas Unreines ist?
(Zu sich:) Keine Frau...
(lacht sich ins Fäustchen) Loser!..

L. Ron: Wie steht es mit Homosexualität?

Paulus: Todeswürdig!

Gott: Korrekte Antwort!

Paulus: Danke, mein Herr!

Gott: Ja, ja. 
(Leise:) Schleimer...

L. Ron:  Na gut. Dann sind wir uns ja immerhin schon einig, dass sie beide Schwule hassen...

Gott: Nein, nein! Wir hassen sie nicht. Ich liebe ja alle Menschen. Ich möchte nur, dass Leute Steine auf sie werfen, bis sie daran elendig krepieren.
Auf eine liebevolle Weise natürlich.

L. Ron: Ach so... Dann sind sie sich aber einig, dass Schwule den Tod verdient haben?

Gott: Klar! Alle, die ich umbringe, haben den Tod verdient. Ich bin ja ein gerechter Gott!

L. Ron: Aber man soll nicht alle steinigen, aber alle Homosexuellen?

Gott: Genau! Man kann ja nicht alle töten, dann wäre ja keiner mehr da, der mich lobpreist und mir sagt, was für ein gnadevoller und gerechter Herr ich bin!

L. Ron: Einleuchtend.
Und wir sind uns einig, dass Frauen den Männern dienen müssen?

Gott: Aber das sollte doch selbstverständlich sein.

L. Ron: Sie waren eine ganze Weile nicht unten bei uns, kann das sein?

Gott: Kann sein. Warum?

L. Ron: Nur so.
Gibt es irgendwelche religiösen Rituale, die man als gläubiger Mensch unbedingt einhalten muss?

Paulus: Nein, nein, so etwas interessiert den Herrn nicht. Steht doch in meinem  Brief an die Römer!

Gott : Na, hör mal! Und wie mich das interessiert!
(bekommt einen heftigen cholerischen Anfall:)
Wer eine Arbeit tut am verfickten Sabbattag, der soll des Todes sterben! Aber so was von sterben, verdammte Scheiße!
Glaubst du, ich hätte das zum Spaß in mein perfektes Gesetz geschrieben?! Ich hasse diese Schweine wirklich abgrundtief, die am Sabbat arbeiten. Sie sollen verrecken!!!
(Sanft:) Aber ich liebe natürlich auch sie...

L. Ron: Nun, da haben Sie sich wohl in diesem Punkt geirrt, Herr Paulus.

Paulus (schüttelt den Kopf): Warum? Nein, ich habe mein Evangelium von dem Herrn erhalten.

L. Ron: Aber der sitzt doch direkt neben Ihnen...

Paulus: Ich vermute einen Betrug.

L. Ron: Interessant.

Gott (extrem freundlich): Sagen Sie mal, L. Ron, könnten Sie mir eventuell einen Espresso aus der Küche holen? Wären Sie so freundlich? Ohne meinen morgendlichen Koffeinschub kann ich nicht arbeiten...
Außerdem würde ich gern ein paar kurze Worte mit meinem Freund Paulus wechseln.

L. Ron: Natürlich.

L. Ron verlässt den Raum

(VORHANG zu)


SZENE 3

L. Ron kommt mit einem Tablett in das Besprechungszimmer zurück. Auf dem Boden ist eine große Blutlache und eine Blutspur zu einem halboffenen Schrank, aus dem ein Arm herauslugt.

L. Ron: Oh! Was ist denn passiert?

Gott guckt L. Ron diabolisch grinsend an und schweigt.

L. Ron: Wo ist denn Paulus?

Gott: Paulus ist tot. Paulus bleibt tot.
(Dramatische Pause)
Bitch!

(VORHANG zu)


SZENE 4

Gott kommt in Jesus' leeres Zimmer, das schlicht eingerichtet ist, mit einem Doppelbett und einem riesigen begehbaren Wandschrank. Außerdem befindet sich ein großer Wassertank im Zimmer, daneben Becher, die teilweise noch mit Wein gefüllt sind. An der Wand hängen Bilder von Konfuzius und Buddha. An der Tür steht in krakeliger Erstklässler-Schrift: "Jesus sein Zimma."

Gott (rufend): Jesus? Bist du hier?

Gott öffnet den Wandschrank und entdeckt darin Luther und den Papst. Bis auf den Hut, den der Papst trägt sind beide vollkommen nackt und küssen sich leidenschaftlich. Gott erschrickt und schlägt die Tür abrupt wieder zu.

Gott: Ach, du heilige Scheiße!! Oh Mann, ich wünschte, ich hätte das nicht gesehen!..


Plötzlich kommt ihm ein Einfall und seine Miene heitert sich auf. Er zieht einen Zauberstab aus seiner Hosentasche und tippt sich damit an den Kopf. Plötzlich sieht er verwirrt aus.

Gott (zu sich): Häh, wo bin ich?.. Was wollte ich denn nochmal hier?.. Ach so, ja!
(rufend): Jesus, bist du hier?

Er öffnet den Wandschrank und erschreckt sich erneut über die immer noch mit Zärtlichkeiten beschäftigten Männer.

L. Ron kommt in den Raum gestürzt. Er erblickt Luther und den Papst und erschrickt ebenfalls.

L. Ron: Oh, mein Gott!

Gott: Ja, bitte?

L. Ron schließt den Schrank.

L. Ron: Besser...
(Aufgeregt:) Jesus ist verschwunden! Anscheinend hat er ein paar Sachen gepackt und ist verschwunden. Er hat Petrus an der Tür gesagt, er sei jetzt in eigener Mission unterwegs.
(Vorsichtig:) Er hat eine Nachricht für Sie hinterlassen...

Gott: Ja, bitte?! Soll ich raten oder was? Kann ich hellsehen? Wie lautet die Nachricht?

L. Ron: Sie lautet: Beim nächsten Mal, wenn wir uns sehen, werde ich dich töten.

(Dramatischer Paukenschlag)

Gott: Sag ich ja, Drama Queen.

(VORHANG zu)


Und Paulus und Luther ergingen sich in süßer, süßer Sünde die ganze Nacht. Als sie fertig waren, schwörten sie beide, dass sie nie wieder eine solche Sünde begehen würden. Doch sie wussten in ihren Herzen, dass sie ihr Versprechen auch diesmal nicht werden einhalten können. Denn der Papst mit seinen ach so sexy prächtigen Gewändern ist eben ein gutaussehender Bastard, auf den Luther steht und nicht anders kann. Amen.









ENDE AKT II

Beim nächsten Mal: Wird Gott Paulus von den Toten wiedererwecken?
Kann L. Ron sein Raumschiff reparieren und endlich wieder zu seinen Heimatplaneten zurückkehren?
Wenn Luther und der Papst heiraten, wer trägt dann das Brautkleid?
Und was treibt eigentlich Calvin unterdessen?

Die Antworten auf diese Fragen lauten: Nein, nein, beide, masturbieren.
Seien Sie auch das nächste Mal wieder dabei, bei "Jesus 2.0 - Wasser in Wein: Der tragische Fall des Jesus C. in die Alkoholsucht."



19. Juli 2012

JESUS 2.0 - Ein Theaterstück (Akt I)


JESUS 2.0
EIN THEATERSTÜCK

AKT I

SZENE 1
Gott, Jesus, L. Ron Hubbard, der katholische Papst, Luther und Calvin sitzen zusammen an einem Tisch in einem weißen Raum.

Gott: Guten Morgen, die Herren. Ich habe euch heute hier zusammengerufen, um mit euch gemeinsam ein spannendes neues Projekt zu starten. Da mir zu Ohren gekommen ist, dass immer weniger Menschen im 21. Jahrhundert an mich und meinen Sohn glauben, habe ich einen Fachmann engagiert, um eine Image-Kampagne zu starten. Aber nicht irgendwen. Darf ich vorstellen (zeigt auf L.Ron): L. Ron Hubbard, bekannt als Erfinder moderner Religionen und Autor von heiligen Texten, bekannt durch sein Meisterwerk "Scientology".

L. Ron: Es freut mich, dass sie mich kennenlernen dürfen.

Gott: Dies ist mein Sohn Jesus Christus, der Papst der Katholiken und die Reformatoren Johannes Calvin und Martin Luther.

L. Ron: Hi! Dann wollen wir direkt mal loslegen...
(Kramt in seinen Unterlagen) Bevor wir mit der Kampagne starten können, müssen wir definieren, was das Produkt eigentlich ist. Als erstes müssen wir uns also auf gemeinsame Linie einigen, worum es beim Christentum überhaupt geht.

Gott: Das dürfte leicht sein. Das Christentum ist die simple Wahrheit, dass ich der Schöpfer bin, der alles geschaffen hat, dass der Mensch durch den Sündenfall alles vermasselt hat und dass der einzige Weg an der Hölle vorbei zu mir in den Himmel durch meinen Sohn führt, der gleichzeitig ich bin und der gestorben ist am Kreuz und dann wiederauferstanden für eure Sünden über drei Tage und dann zum Himmel gefahren ist und wiederkehrt in den letzten Tagen, um die Ungläubigen und den Satan endgültig in die Hölle zu verbannen.

L. Ron: Okay...
Na ja, vielleicht kann man das ein wenig kompakter auf den Punkt bringen. Wenn ihr das Christentum mit einem Wort beschreiben müsstet, was wäre das?

Luther: Glaube! Denn nur der Glaube allein erettet.

Jesus: So ein Unsinn! Glaube reicht nicht aus!
Lest doch einfach mal die Bibel! Im Matthäusevangelium fragt mich ein junger Mann, was er denn tun solle, um ins Himmelreich zu gelangen. Hab ich gesagt: Der Glaube allein errettet dich? Nein! Ich habe ihm gesagt, er soll die Gebote halten und all seine weltlichen Güter den Armen spenden.

Luther: Genau, sag ich doch! Allein der Glaube errettet.
Siehe hier (schlägt die Bibel auf): "So halten wir nun dafür, daß der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben." Römerbrief 3:28.

Jesus: Das ist mal wieder so ein typischer Paulus-Schwachsinn. Ich hab dir 1000 mal gesagt, der Kerl bringt uns nur Probleme, Papa.

Gott: Ich weiß... Aber seine Briefe waren damals so beliebt, echte Bestseller. Da hab ich gedacht, wenn ich mir die Briefe in meine Bibel hole, vergrößert sich meine Zielgruppe direkt automatisch.

L. Ron: Das ist die richtige Denkweise! Aber wie ist es denn nun wirklich? Reicht Glaube allein aus oder muss man auch die ganzen anderen Sachen machen?
Nur Glaube würde sich wirklich besser verkaufen. Wer will denn schon seine Reichtümer an Arme verschenken?! Wär ja schön doof!
Außerdem wenn man einem Armen all seine Sachen spendet, dann ist er ja reich und ich arm. Dann müsste er den Reichtum wieder an mich spenden und so weiter und so fort. Macht keinen Sinn.

Gott (unentschlossen): Ach, ich weiß auch nicht. Fragen wir doch Paulus persönlich.
(er drückt auf einen Knopf im Tisch) Mandy? Schicken Sie doch bitte mal Paulus herein!

Paulus kommt erhobenen Hauptes herein stolziert.

Gott: Paulus, wir haben da einige Probleme mit deinem Text. Du scheinst zu sagen, dass allein der Glaube den Menschen erretten kann.

Paulus: Stimmt. Das ist was Jesus mir gesagt hat.

Jesus: Das ist eine Lüge! Ich hab dich vor deinem Tod nie gesehen!

Paulus: Aber du bist mir doch erschienen, Jesus! Auf dem Weg nach Damaskus.

Jesus: Nein, bin ich nicht. Ich war noch nie in Italien!

Paulus: Bist du wohl.

Jesus: Keine Ahnung ob du mich verarschen willst oder einfach nur verrückt bist...

Gott: Oh, das kann ich beantworten! Zu unserer neuer Kampagne gehört auch ein wissenschaftlicher Berater, den werde ich euch demnächst mal vorstellen. Ziemlich cool, wa?
Auf jeden Fall haben wir zusammen Mittag gegessen und er hat mir erzählt, dass unser Freund Paulus hier unter Stirnlappenepilepsie leidete. Und das kann häufig zu so genannten mystischen Erfahrungen führen, inklusive visueller und akustischer Halluzinationen.
Hab ich vorher auch nicht gewusst, ich hab immer gedacht, der Paulus ist einfach nicht ganz richtig in der Birne. Man lernt nie aus...

Jesus: Das erklärt einiges. Na ja, es ist ja auch eigentlich egal, was du glaubst von mir gehört zu haben, Paulus. Jetzt kennen wir uns ja persönlich und ich kann dir sagen, dass der Glaube nicht allein ausreicht. Auch der Teufel glaubt an Gott, wie Jakobus so schön sagte.

Paulus: Keine Ahnung, wer du glaubst zu sein, du bist definitiv nicht Jesus. Jesus hat mit mir gesprochen. Ich kenne ihn.

Gott: Doch, das ist Jesus. Indianerehrenwort!

Paulus: Unsinn! Jesus sieht ganz anders aus! Wie ein helles Licht, das ich gesehen habe, als mir plötzlich schwindlich wurde. Und dann habe ich eine Stimme gehört in meinem Kopf.
Das beweist doch, das ich nicht verrückt seid, sondern ihr!

Gott (erzürnt): Ich bin der höchste Gott und daher gilt was ich sage, wer verrückt ist und wer nicht!

Paulus: Woher weißt du denn, dass du der höchste Gott bist?

Gott: Ich bin allwissend!

Paulus: Wie kannst du dir da sicher sein? Wenn es etwas gäbe wie einen höheren Gott und du wüsstest nichts davon, woher wüsstest du denn, dass du dies nicht weiß?

Gott (kratzt sich am Kinn): Versteh ich nicht...

Paulus: Ich glaube, ihr seid alles Betrüger! Oder wahnsinnig! Das ist die einzige logische Erklärung.

Papst (nachdenklich): Wenn ich verrückt bin, dann heißt das ja, dass ich unsichtbar bin... Hurra!

Der Papst entkleidet sich und tanzt fröhlich nackt durch den Raum.
Alle reden durcheinander.

Gott (schlägt auf den Tisch): Können wir bitte mal alle versuchen, wie erwachsene Menschen miteinander umzugehen?! Wir vertrödeln doch nur Zeit. Der PR-Berater wird pro Stunde bezahlt!

L. Ron: Anstatt uns über unsere verschiedenen Ansichten zu streiten, sollten wir gucken, ob es nicht wichtige Gemeinsamkeiten gibt. Wir sind uns doch alle einig, dass Jesus das Zentrum des Christentums ist?

Alle nicken vorsichtig, Gott schaut eifersüchtig auf seinen Sohn

L. Ron: Dann finde ich, Jesus' Stimme sollte doppelt zählen.
Also, stimmen wir ab: Lassen wir die Paulus-Briefe in der Bibel oder nehmen wir sie raus?
Wer ist dafür, sie drinzulassen?

Paulus, Luther, der Papst und Calvin heben die Hand. Als Gott sieht, dass die Mehrheit die Hand hebt, hebt er seine ebenfalls.

L. Ron: Wer ist dafür, sie zu entfernen?

Nur Jesus hebt seine Hand.

L. Ron: Okay, dann wäre das geklärt. Dann können wir als Slogan auch Luthers Idee benutzen. “Christentum. Glaube!” Und das Ausrufungszeichen ist ein Kruzifix. So was bleibt stecken.

Gott: Und das “Glaube” am besten in Großbuchstaben, so als wäre es laut geschrien. Denn wenn jemand laut schreit, weiß man gleich, dass er etwas Wichtiges zu sagen hat!

L. Ron: Gute Idee! Und vielleicht gleich drei Ausrufezeichen. Die könnten direkt auch noch für die heilige Dreifaltigkeit stehen.

Gott: Ausgezeichnet. Wie kommst du nur immer auf so gute Ideen?

L. Ron: Apropros Dreifaltigkeit. Wo ist denn eigentlich der heilige Geist? Der ist doch auch stimmberechtigter Partner, oder?

Gott: Im Urlaub. Aber seine Zeit ist sowieso noch nicht gekommen.

L. Ron: Wie meinen Sie das?

Gott: Na ja, als ich das neue Testament geschrieben habe, haben sich viele beschwert, dass die Hauptfigur, Jesus, im alten Testament gar nicht vorkommt. Also habe ich den heiligen Geist ins neue Testament mit reingeschrieben, auch wenn man ihn da nicht unbedingt braucht. Dafür spielt er die Hauptrolle in Testament III - Die Rückkehr.

L. Ron: Ach ja? Und worum geht es darin?

Gott: Der Heilige Geist sucht einen Ungläubigen heim und zeigt ihm die wahre Bedeutung von Weihnachten.

L. Ron. Interessant...

Gott: Die Geburt des Weihnachtsmanns.

L. Ron: Wirklich?..

Jesus: Ach komm, Papa, gib’s doch zu! Es gibt gar keinen heiligen Geist.
Den hat er nur erfunden, um bei den Steuern zu betrügen.

L. Ron: Ach so? Schade, die Idee für das neue neue Testament fand ich eigentlich gut. Haben Sie was dagegen, wenn ich das Buch schreibe?

Gott: Ach was! Sie sind doch ein freier Mensch in einer freien Welt.
Wer bin ich denn um ihnen zu sagen, was sie zu tun und zu lassen haben?

L. Ron: Großartig! Man müsste nur noch Außerirdische hinzufügen! Und Raumschiffe...
(enthusiastisch) Raumschiffe sind cool!

Alle starren L. Ron skeptisch an, der verlegen in seinen Notizen blättert.

Gott (kratzt sich am Kopf): Was ist ein Raumschiff?

L. Ron: Äh.. Wie auch immer. Zurück zur Kampagne. Wir brauchen eine spannende christliche Tätigkeit mit der wir werben können. Zuhause oder in der Kirche still zu sitzen und die Bibel studieren - das ist in der modernen Zeit nicht mehr so in. Man braucht was Aktives um die Leute zu begeistern!

Papst: Das Abendmahl?

L. Ron: Na ja, da sitzt man ja auch nur so rum. Irgendwelche anderen Ideen?

Luther: Synagogen abbrennen?

L. Ron (schockiert): Was?!

Papst: Warum eigentlich nicht...

Luther: Synagogen müssen verbrannt werden! Das schrieb ich schon in meinem Werke “Von den Juden und ihren Lügen.”

Jesus (wütend): Ey, sag mal...

Luther (unbedarft): Was ist es, Herr?

Jesus: Dir ist schon klar, dass ich ein Jude bin?

Luther: Aber du bist der Christus!

Jesus: Ja, aber ich bin ebenfalls gleichzeitig Zimmermann, Alkoholiker und auch Jude, von Geburt an. Ich hatte eine jüdische Mutter, habe die Gebräuche geehrt und die Rituale eingehalten. Was muss ich noch machen, um jüdisch genannt zu werden? Willst du meinen Pimmel sehen?!

Luther (denkt nach): Ähhhhh...
Ja?

Papst: Es ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass Paulus in seinem ersten Brief an die Thessalonicher schreibt, dass die Juden Gott nicht gefallen und allen Menschen zuwider sind.

Gott (streng): Paulus?!

Paulus (zuckt mit den Schultern): Vielleicht war ich betrunken, als ich das geschrieben habe. Ich kann mich nicht erinnern, dass das von mir sein soll. Ich bin ja selber Jude...

Luther (entsetzt): Auch du, Brutus?!

L. Ron: Wir müssen wirklich nicht alles heute entscheiden. Nur so aus Neugierde: Wer ist für Synagogen anzünden?

Luther, Calvin und Papst heben die Hand.

L. Ron: Dagegen?

Jesus und Paulus heben die Hand.

L. Ron: Drei zu drei, weil Jesus zwei Stimmen hat. Sie wollen sich enthalten, Herr Gott?

Gott: Nun ja, die Juden sind mein auserwähltes Volk, von da her wache ich natürlich mit schützender Hand über sie. Andererseits kommen sie ja sowieso alle in die Hölle. Da können sich mit den brennenden Synagogen schon mal mental darauf vorbereiten.
Ach, was zur Hölle, ich stimme dafür!

L. Ron: Das sollte dann für heute reichen. Dann haben wir doch jetzt immerhin schon mal unseren ersten Plakatentwurf geschafft! Eine brennende Synagoge mit dem Slogan: “Christentum. GLAUBE!!!”.

Gott: Find’ ich gut.

Und da der HERR sah, dass es gut war, speisten sie gemeinsam.
Darnach gingen sie heim, um ihre Lieblingsseifenoper nicht zu versäumen. Und sie tranken reichlich vom köstlichen Weine, der das Blut Christi ist.
Und Jesus musste in die Notaufnahme, da er zu viel Blut verloren hatte. Doch nach einer Weintransfusion ging es ihm wieder besser. Amen.




ENDE AKT I

Beim nächsten Mal in "Jesus 2.0": 
Wie funktioniert Gottes Steuerbetrug mit dem heiligen Geist?
Wird unser Held L. Ron es schaffen, Gott von der literarischen Notwendigkeit von Raumschiffen in der neuen Bibel zu überzeugen?
Und wird Jesus den falschen Christus von Paulus als den Erlöser seiner Seele anerkennen?

All dies und mehr erfahren Sie im nächsten Teil von: "Jesus 2.0 - Die Rückkehr der zaubernden Zimmermanns"