16. Februar 2010

DIE REISE ZUM MITTAGSLAND DER ERDE (Das Buch Genesis Teil 4)


[Teil 1: "Sonne, Mond und Sterne"] [Teil 2: "Es war einmal..."]
[Teil 3: "Die gerechte Strafe"]

TEIL 4

Im ersten Buch der jüdischen Torah und des christlichen Alten Testament, der Genesis, wird davon berichtet, wie der HERR Mensch und Tier erschaffen hat, um sie danach alle wieder zu töten...

Na ja, nicht ganz: Ein Typ namens Noah hat seine Familie und ein Paar von jeder Tierart gerettet. Damit kann die Erde wieder bevölkert werden. Mit einer großen, fröhlichen, inzestuösen Familie.



WE ARE FAMILY

"1 Dies ist das Geschlecht der Kinder Noahs: Sem, Ham, Japheth. Und sie zeugten Kinder nach der Sintflut.

[...]

32 Das sind die Nachkommen der Kinder Noahs in ihren Geschlechtern und Leuten. Von denen sind ausgebreitet die Leute auf Erden nach der Sintflut"

(Genesis 10:1,32)

Die gesamte Menschheit stammt also von Noahs drei Söhnen ab. Wer Genaueres wissen will, kann dies im zehnten Kapitel der Genesis nachlesen. Dort gibt es mal wieder einen Stammbaum - von Leuten mit lustigen Namen wie Nimrod, Uz, Hul, Rehoboth-Ir und Eber.



ZUNGENBRECHER

Die neuen Menschen sind frohen Mutes und verstehen sich ausgezeichnet, denn sie sprechen schließlich alle die selbe Sprache. Kein Wunder: Es gibt ja nur eine auf der Welt.

"1 Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache.
2
Da sie nun zogen gen Morgen, fanden sie ein ebenes Land im Lande Sinear, und wohnten daselbst.
3 Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, laß uns Ziegel streichen und brennen! und nahmen Ziegel zu Stein und Erdharz zu Kalk

4 und sprachen: Wohlauf, laßt uns eine Stadt und einen Turm bauen, des Spitze bis an den Himmel reiche, daß wir uns einen Namen machen! denn wir werden sonst zerstreut in alle Länder."

(Genesis 11:1-4)





Die Menschenkinder starten also ein ambitioniertes Bauprojekt. Eine Stadt mit einem Turm, der bis zum Himmel ragt. Sie wollen zusammen in einer großen Gemeinschaft leben, in einer Stadt, auf deren Konstruktion sie stolz sein können. Aus irgendwelchen Gründen glauben sie, sonst getrennt zu werden und sich aus den Augen zu verlieren.
Das sieht der HERR gar nicht gern.

"5 Da fuhr der HERR hernieder, daß er sähe die Stadt und den Turm, die die Menschenkinder bauten.
6 Und der HERR sprach: Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen, und haben das angefangen zu tun; sie werden nicht ablassen von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. 

7 Wohlauf, laßt uns herniederfahren und ihre Sprache daselbst verwirren, daß keiner des andern Sprache verstehe!"

(Genesis 11:5-6)


Gott verlässt sein kosmisches Penthouse und besucht die Erde. Er sieht das Projekt der Menschen und erkennt, dass diese wahrscheinlich nicht einfach mitten im Bau damit aufhören werden.
Ganz schön zielstrebig, diese so genannten Menschen.
Aber nicht mit Gott...

Nachdem der eine und einzige Gott mal wieder mit sich selbst redet - und zwar im Plural -, sorgt er dafür, dass die Menschen nicht mehr miteinander reden können.

"8 Also zerstreute sie der HERR von dort alle Länder, daß sie mußten aufhören die Stadt zu bauen.
9 Daher heißt ihr Name Babel, daß der HERR daselbst verwirrt hatte aller Länder Sprache und sie zerstreut von dort in alle Länder."

(Genesis 11:8-9)


Warum er das tut? Das weiß nur Gott allein. Oder nicht allein, sondern in der Mehrzahl. Wer weiß...



ICH PACKE MEINEN KOFFER

Weil biblische Stammbäume so schön sind, gibts nach der Geschichte vom Turmbau zu Babel endlich mal wieder einen. Schließlich mussten wir fast ein ganzes halbes Kapitel darauf warten!
Der Stammbaum beginnt mit Noahs Sohn Sem und endet mit den Brüdern Abram und Nahor und deren Frauen, Sarai und Milka (Genesis 11:10-32).

Aus sicherlich gewichtigen Gründen, die jedoch nicht genannt werden, mag Gott Abram gerne leiden und bietet seine Freundschaft an. Abrams Freunde sind von nun an auch Gottes Freunde und seine Feinde haben jetzt wohl nicht mehr gut Kirschen essen...

"1 Und der HERR sprach zu Abram: Gehe aus deinem Vaterlande und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. [...]

3 Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen;"

(Genesis 12:1,3)





Der HERR führt Abram und dessen Familie aus ihrem Vaterland. Natürlich lässt er ihnen Zeit zu packen, was man so für eine solche Reise benötigt. Kleidung, Hygieneartikel, Proviant, die Seelen, die man halt so über die Zeit erwirbt und so weiter.

"5 Also nahm Abram sein Weib Sarai und Lot, seines Bruders Sohn, mit aller ihrer Habe, die sie gewonnen hatten, und die Seelen, die sie erworben hatten in Haran; und zogen aus, zu reisen in das Land Kanaan."

(Genesis 12:5)




TRICKSTER

Auf der Reise kommen Abram und seine Sippe auch nach Ägypten. Obwohl Gott auf seiner Seite ist und seine Feinde verflucht - was für die sicher nichts Gutes bedeutet - befürchtet Abram, dass die Ägypter
1. ihn umbringen
2. seine Frau nicht umbringen

"11 Und da er nahe an Ägypten kam, sprach er zu seinem Weib Sarai: Siehe, ich weiß, daß du ein schönes Weib von Angesicht bist.
12 Wenn dich nun die Ägypter sehen werden, so werden sie sagen: Das ist sein Weib, und werden mich erwürgen, und dich leben lassen."

(Genesis 12:11-12)



Doch Abram ist ja nicht doof und hat eine gute Idee. Sarai soll sich einfach als Abrams Schwester ausgeben.

"13 Sage doch, du seist meine Schwester, auf daß mir's wohl gehe um deinetwillen und meine Seele am Leben bleibe um deinetwillen."

(Genesis 12:13)


Sollte der fromme und gottgefällige Abram gar ein gemeiner Lügner sein? Natürlich nicht!
Wie wir später erfahren (in Genesis 20:12), ist seine Ehefrau Sarai tatsächlich auch seine Schwester.


"14Als nun Abram nach Ägypten kam, sahen die Ägypter das Weib, daß sie sehr schön war.
15 Und die Fürsten des Pharao sahen sie und priesen sie vor ihm. Da ward sie in des Pharao Haus gebracht.
16
Und er tat Abram Gutes um ihretwillen. Und er hatte Schafe, Rinder, Esel, Knechte und Mägde, Eselinnen und Kamele."

(Genesis 12:14-16)


Dass die göttliche Reisegruppe vom Pharao nur deswegen derart bevorzugt behandelt wird, weil Sarai so gut aussieht, ist ein wenig suspekt. Und tatsächlich, der Pharao hat amouröse Absichten.
Doch als der Pharao versucht bei ihr zu landen, geht der HERR auf seine üblich charmante Weise dazwischen.

"17 Aber der HERR plagte den Pharao mit großen Plagen und sein Haus um Sarais, Abrams Weibes, willen."

(Genesis 12:17)



Der Pharao erfährt (wie auch immer), dass Sarai Abrams Ehefrau ist und nicht nur, wie er gedacht hatte, seine Schwester. (Aber auch..)
Verständlicherweise ist seine Majestät not amused.

"18 Da rief Pharao Abram zu sich und sprach zu ihm: Warum hast du mir das getan? Warum sagtest du mir's nicht, daß sie dein Weib wäre?
19 Warum sprachst du denn, sie wäre deine Schwester? Derhalben ich sie mir zum Weibe nehmen wollte."


(Genesis 12:18-19a)

Die ganze Nummer wäre Abram und Co. erspart geblieben, hätte er dem Pharao ehrlicherweise gesagt, dass Sarai seine Ehefrau ist. Aber schließlich hatte Abram Angst, dass die blutrünstigen Heiden aus dem Ägyptenland ihn ohne mit der Wimper zu zucken abmurksen.
Vielleicht hatte er deren Boshaftigkeit leicht überschätzt.

Der Pharao wird sicherlich nicht gerne angelogen und hat bestimmt auch nicht gern Plagen im Haus. Trotzdem lässt er Abram und seine Familie nicht nur ungestraft davonkommen, sondern lässt sie auch noch auf dem Weg bewachen. Sieh mal einer an.

"Und nun siehe, da hast du dein Weib; nimm sie und ziehe hin.
20
Und Pharao befahl seinen Leuten über ihm, daß sie ihn geleiteten und sein Weib und alles, was er hatte."

(Genesis 12:19b-20)




MAHLZEIT!

1 Also zog Abram herauf aus Ägypten mit seinem Weibe und mit allem, was er hatte, und Lot auch mit ihm, ins Mittagsland.
2 Abram aber war sehr reich an Vieh, Silber und Gold.

[...]

5 Lot aber, der mit Abram zog, der hatte auch Schafe und Rinder und Hütten.
6 Und das Land konnte es nicht ertragen, daß sie beieinander wohnten; denn ihre Habe war groß, und konnten nicht beieinander wohnen.
7 Und es war immer Zank zwischen den Hirten über Abrams Vieh und zwischen den Hirten über Lots Vieh.


(Genesis 13:1-2,5-7)


Nachdem die fröhliche Reisegesellschaft Ägypten verlassen hat, zieht sie weiter und lässt sich dann im Mittagsland nieder. Doch sowohl Lot als auch Abram haben sehr viel Vieh. Das Land ist nicht groß genug für beide. Es kann nur einen geben.
Abram macht ein faires Angebot unter Brüdern. Lot solle sich doch einfach verziehen.

"8 Da sprach Abram zu Lot: Laß doch nicht Zank sein zwischen mir und dir und zwischen meinen und deinen Hirten; denn wir sind Gebrüder.
9 Steht dir nicht alles Land offen? Scheide dich doch von mir."

(Genesis 13:8-9)


Wenn man penibel wäre, könnte man einwenden, dass Lot gar nicht Abrams Bruder, sondern sein Neffe ist (wie wir in Genesis 11:27 erfahren). Da seine Frau auch seine Schwester ist, sind einige seiner Neffen auch seine Söhne, und sein Bruder gleichzeitig sein Schwager. Ganz schön kompliziert...
Da ist es schon verständlich, wenn man mal durcheinander kommt.

Offenbar ist keiner der beiden bereit, etwas von ihren Habseligkeiten zu verkaufen oder verschenken. Sie trennen sich lieber von Familienmitgliedern als von ihrem materiellen Besitz.
Diese Einstellung wird vom HERRN großzügig belohnt.

"14 Da nun Lot sich von Abram geschieden hatte, sprach der HERR zu Abram: Hebe dein Augen auf und siehe von der Stätte an, da du wohnst, gegen Mittag, gegen Morgen und gegen Abend.
15 Denn alles Land, das du siehst, will ich dir geben und deinem Samen ewiglich;
16 und ich will deinen Samen machen wie den Staub auf Erden. Kann ein Mensch den Staub auf Erden zählen, der wird auch deinen Samen zählen."

(Genesis 13:14-16)



Samen zählen?.. Ich spare mir aus Jugendschutzgründen mal ausnahmsweise meinen dummen Kommentar.
Apropos Jugendschutz: Lot zieht übrigens nach Sodom...

"12 daß Abram wohnte im Lande Kanaan und Lot in den Städten der Jordangegend und setzte seine Hütte gen Sodom.
13 Aber die Leute zu Sodom waren böse und sündigten sehr wider den HERRN."

(Genesis 13:12-13)



Lot zieht zu den Ladys und Gentlemen nach Sodom und wohnt dort bis zum Ende ihrer Tage. Das wird allerdings wohl nicht lange auf sich warten lassen, wenn der HERR von den Sünden erfährt.
Obwohl, eigentlich hatte er ja nach der Sintflut eingesehen, dass der Mensch nun einmal böse ist und es klang fast so, als hätte er keine Lust mehr auf Massenmord.

"21 Und der HERR roch den befriedigenden Geruch, und der HERR sprach zu seinem Herzen: Ich will fortan die Erde nicht mehr verfluchen um des Menschen willen, wiewohl das Dichten des menschlichen Herzens böse ist von seiner Jugend an; auch will ich fortan nicht mehr alles Lebendige schlagen, wie ich getan habe."

(Genesis 8:21)


Aber keine Sorge: Natürlich kommt der liebe Gott bald wieder zur Vernunft und sieht ein, dass blutige Massaker viel zu viel Spaß machen um dauerhaft darauf zu verzichten.




ENDE TEIL 4

In Teil 5: Big Trouble in Little Sodom, die Rückkehr der Riesen, Abram verhandelt mit Gott und vieles mehr...


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SERIE: "DAS BUCH GENESIS"

>> Teil 4: "Die Reise zum Mittagsland der Erde"

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