28. Dezember 2011

GÖTTER DER CHRISTENHEIT (Der Mythos Jesus Teil 13)





[11: Variationen über ein Thema]
[12: Den Tod nicht schmecken]


Der Vater, der Sohn, der heilige Geist, die Mutter Gottes, Satan - Herrscher über die Unterwelt mit seiner untergebenen Armee von Dämonen, eine Heerschar von Engeln, Schutzengeln, Erzengeln und jede Menge Heilige.
Das Christentum kennt viele verschiedene individuelle übernatürliche, unsterbliche und übermenschliche Wesen, die miteinander interagieren. Logisch, sonst wäre es ja kein Monotheismus!



DER NEUE 3-IN-1 GOTT

Christen glauben an einen allmächtigen Gott, der bei Bedarf sein Wesen wandeln kann. Allerdings nur in einen jüngeren und einen älteren Mann und in ein Gespenst (doch kein gewöhnliches, sondern ein heiliges). Oft sogar gleichzeitig.  Dies nennt sich "heilige Dreifaltigkeit". Atheisten, Moslems, Juden und sonstige verabscheuungswürdige Heiden könnten anmerken, dass dies nicht unbedingt ein reiner Monotheismus sei. Aber sie irren sich und werden in der Hölle schmoren.

Im alten Testament ist Gott immer nur Yahwe, der "HERR". Dieser HERR mag keine Kleinschreibung. Für sein zweites großes Werk mit dem etwas uninspirierten Titel "Das neue Testament" hat der HERR sich für seine Fans etwas ganz besonderes ausgedacht: Er kann sich nun plötzlich in einen heiligen Geist verwandeln und in seinen eigenen Sohn.



Eigentlich ganz einfach: Der heilige Geist ist nicht der Vater, der nicht der Sohn ist, der nicht der heilige Geist ist. Der Sohn ist Gott, der Vater ist Gott, der heilige Geist ist Gott - der Vater ist aber nicht der heilige Geist, welcher nicht der Sohn ist. Logisch!

Der noch kinderlose HERR entschließt sich irgendwann, dass er gerne Vater sein würde. Da Kinder aber irgendwann eine eigene Persönlichkeit entwickeln und dann lästig werden, beschließt er, sein eigener Sohn zu werden.
Um Vater zu werden braucht er natürlich noch eine Frau und sucht sich dazu eine jüdische Jungfrau namens Maria aus. Gott schwängert sie in Form des heiligen Geistes.

"18 Die Geburt Christi war aber also getan. Als Maria, seine Mutter, dem Joseph vertraut war, fand sich's ehe er sie heimholte, daß sie schwanger war von dem heiligen Geist."

(Matthäus 1:18)



Genau genommen ist also der "Vater" der Dreifaltigkeit trotz seines Namens nicht der Vater, sondern der heilige Geist ist der Vater. Allerdings ist der heilige Geist nicht DER Vater, jedoch der Vater vom Sohn. Klar wie Kloßbrühe also.

Nachdem Gott (als der heilige Geist) Maria unbemerkt geschwängert hat, hält er es für anständig, ihr das auch mal mitzuteilen.
Er hat allerdings offenbar keine Lust, mit einer Frau zu sprechen - die ja immerhin gleichzeitig Mutter seines Kindes und seine eigene Mutter ist. Obwohl er durchaus in der Lage ist, direkt mit Menschen zu reden, wie zum Beispiel mit Moses als brennender Busch (Exodus 3:4).



In diesem Fall schickt er lieber einen Engel als Stellvertreter in einen Traum von Josef (Matthäus 1:20), oder aber er sendet einen Engel, um Maria Bescheid zu sagen, folgt man dem Lukas-Evangelium (1:26).

Die Engel sind unsterbliche Wesen, die für Gott unangenehme Gespräche führen oder andere lästige, aber notwendige Dinge erledigen - meistens irgendwelche Leute umbringen.
So schickt der HERR beispielsweise Engel, um 70.000 Israeliten wegen einer Volkszählung zu ermorden (2 Samuel 24:16), um bei der totalen Zerstörung der Städte Sodom und Gomorrha zu assistieren (Genesis 19) und um Gottes auserwähltem Volk bei den Völkermorden an den Kanaanitern, Amoritern, Hethitern, Pheresitern, Hevitern und Jebusitern beizustehen (Exodus 33:2).

Für das Ende der Welt hat Gott auch schon anspruchsvolle Aufgaben für seine Engel vorbereitet, wie wir aus dem neuen Testament erfahren - wie zum Beispiel die Schalen des Zornes Gottes über der Erde auszugießen (Offenbarung 16) oder ein Drittel der gesamten Menschheit zu ermorden (Offenbarung 9:15).



DISSOZIATIVE IDENTITÄTSSTÖRUNG

Jesus wirkte dann als Erwachsener bekanntlich Wunder. Vorher ließ er sich aber noch taufen.

"16 Und da Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser; und siehe, da tat sich der Himmel auf Über ihm. Und er sah den Geist Gottes gleich als eine Taube herabfahren und über ihn kommen.
17 Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe."

(Matthäus 3:16-17)

Der von Gott (als Vater) gesandte Gott (als heiliger Geist in Taubengestalt) kommt also über Gott (als Sohn) und weckt den Tiger in ihm (sich). 
Dann sagt Gott (Vater) über Jesus, er sei der Gott (Sohn), an dem er Wohlgefallen habe. Ach sooo!...
...
Häh?!



Von da an vollbrachte er so einige Wunder, bis er von den Römern ans Kreuz genagelt wird. Doch er ist ein gnädiger Gott, der selbst so etwas vergibt. Ganz so einfach geht das allerdings nicht, er muss erst mal Papa fragen.

"34 Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen sie wissen nicht, was sie tun!" (Lukas 23:34)

Jesus bittet seinen Vater, den Menschen zu vergeben. In anderen Worten: Gott fragt Gott um einen Gefallen.
Kurz bevor Christus dann seine sterbliche Hülle ablegt und zu seinem Vater in den Himmel zurückkehrt (also zu sich selbst), sagt er noch etwas recht Seltsames:

"46 Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut und sprach: Eli, Eli, lama asabthani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? "

(Matthäus 27:46)

Gott fragt sich selbst, warum er sich verlassen hat. Gute Frage!
Die Antwort weiß nur Gott. Allerdings nicht in Sohn-Form, sonst würde er ja nicht fragen. Und wo war eigentlich die blöde Taube abgeblieben?




BESSERWISSER

Das Konzept der Dreifaltigkeit wird von vielen christlichen Glaubensrichtungen vertreten, zum Beispiel der römisch-katholischen Kirche und von vielen der zahlreichen protestantischen Denominationen. Die Mitglieder dieser Kirchen machen die Mehrzahl der Christen weltweit aus.
Andere aus der Reformation hervorgegangene Gruppen wie die Zeugen Jehovas, die Mormonen oder die Unitarier, sowie die griechisch-orthodoxe Kirche, glauben nicht an den 3-in-1-Gott und halten Jesus für Gottes Sohn, aber nicht für Gott selbst.

Die Dreifaltigkeits-Lehre in seiner heutigen Form wurde im 4. Jahrhundert auf dem ersten Konzil von Nicäa beschlossen. Per Abstimmung legte man das Wesen Gottes als aus drei Personen bestehend fest. Diese Ansicht wurde zunächst von der Mehrheit der Konzilteilnehmer abgelehnt. Als sich der Kaiser jedoch dafür aussprach, änderten viele ihre Meinung und deshalb ist Gott dreigeteilt.

Während es zuvor zahllose verschiedene Ansichten über die Rolle des Christus im Christentum gab, gab es nach dem Konzil nur noch eine offizielle Version - und viele andere, die als Ketzerei angesehen wurden.
Manche glaubten zum Beispiel, Jesus sei als gewöhnlicher Mensch geboren worden und erst durch seine Taufe von Gott als dessen Sohn adoptiert wurde. Diese Ansicht mit dem Namen "Adoptionismus" ist plausibel, wenn man nur das Markus-Evangelium kennt. Die anderen drei Evangelien widersprechen dieser Möglichkeit allerdings deutlich. In Matthäus und Lukas ist Jesus der Sohn des heiligen Geistes und in Johannes existiert Jesus als Logos, das Wort, seit Anbeginn der Zeit. Sogar schon davor...

Im Johannes-Evangelium behauptet Jesus auch, er und der Vater seien "eins". Die Dreifaltigkeitslehre, wonach sowohl Jesus als auch Jahwe ein und der selbe Gott sind, bezieht sich zum Teil auf diese Aussage in Johannes. Die anderen Evangelien widersprechen dieser Betrachtungsweise jedoch.
Denn der christliche Gott wird durch Superlative definiert: Er ist allwissend, allmächtig, überall gleichzeitig und omnibenevolent - vollkommen liebend. Wenn der Vater, der Sohn und der heilige Geist jeweils Gott sind, müssen sie alle diese Eigenschaften besitzen.

Jesus gibt jedoch selbst zu, nicht alles zu wissen. Zum Beispiel weiß er nicht genau, wann die Welt untergeht. 

"32 Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater."

(Markus 13:32)


Allein der Vater? Sind Jesus und der heilige Geist also nicht allwissend? Oder lügt Jesus hier einfach? Egal eigentlich, denn es kommt auf das Selbe hinaus: Gott ist allwissend und Gott lügt nicht, daher kann Jesus nicht Gott sein.

"18 auf daß wir durch zwei Stücke, die nicht wanken (denn es ist unmöglich, daß Gott lüge), einen starken Trost hätten, die wir Zuflucht haben und halten an der angebotenen Hoffnung,"

(Hebräer 6:18)



Okay, vielleicht ist Jesus nicht allwissend, aber er ist doch trotzdem ein Guter!..
Nicht?!

"18 Aber Jesus sprach zu ihm: Was heißest du mich gut? Niemand ist gut denn der einige Gott."

(Markus 10:18)



Von den charakteristischen Gott-Merkmalen Allwissenheit, Allmächtigkeit und Omnipräsenz, also überall gleichzeitig sein, erfüllt Jesus kein einziges.
Wenn Jesus nämlich - wie im Markus-Evangelium von ihm selbst behauptet - nicht alles weiß, dann ist er auch nicht allmächtig, da alles zu wissen zur Allmacht gehört.
Auch andere Dinge kann er nicht - nicht einmal entscheiden, wer zu seiner Linken und Rechten sitzen soll.

"38 Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr wisset nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, und euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde? 
39 Sie sprachen zu ihm: Ja, wir können es wohl. Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr werdet zwar den Kelch trinken, den ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, mit der ich getauft werde; 
40 zu sitzen aber zu meiner Rechten und zu meiner Linken stehet mir nicht zu, euch zu geben, sondern welchen es bereitet ist."

(Markus 10:38-40)





Die Handlungsmöglichkeiten von Jesus sind in diesem Fall dadurch eingeschränkt, dass es bereits einen Plan gibt, ein Vorsehung, was geschehen muss. Auch Jesus' Tod am Kreuz ist Teil eines Planes, der seit der Schöpfung besteht. 

"18 und wisset, daß ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem eitlen Wandel nach väterlicher Weise, 
19 sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes,
20 der zwar zuvor ersehen ist, ehe der Welt Grund gelegt ward, aber offenbart zu den letzten Zeiten um euretwillen"

(1 Petrus 1:18-20)


"31 Und er hob an sie zu lehren: Des Menschen Sohn muß viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und über drei Tage auferstehen."

(Markus 8:31)



Christus ist in der Bibel ein Erfüllungsgehilfe der Schrift. Er macht wahr, was schon immer geplant war, ganz so, wie man es angeblich im alten Testament nachlesen kann. Er hat keine Wahl und ist daher alles andere als allmächtig, er besitzt anscheinend nicht einmal einen freien Willen.

Denn ein allwissender Gott ändert seine Pläne niemals, da er nie zusätzliche Informationen erhalten kann, die eine Planänderung begründen könnten. Das Leben Jesu Christi war von der Geburt bis zum Tod am Kreuz ein integraler Teil des Masterplans. Daher hat Jesus keine Möglichkeit gehabt, sich in wichtigen Situationen anders zu verhalten als vorgesehen. Jede Entscheidung seines Lebens war höchstens eine scheinbare: Es gab nie Alternativen, anders zu handeln - geschweige denn unendlich viele Handlungsmöglichkeiten, welche ein allmächtiges Wesen besäße.



WHO YOU GONNA CALL?

Die Rolle des Christus ist nicht so klar, wie man das von einer Religion, die ihre ganze Weltsicht auf Christus aufbaut, vielleicht erwarten würde. Aber auch der Heilige Geist ist ein sehr mysteriöses Wesen. Wer  niemals vom Konzept der Dreifaltigkeit gehört hat, kommt nach der Lektüre der Bibel wohl selten auf die Idee, das der Heilige Geist eine von drei Personen einer Gottheit ist.
Denn auch zu dieser Ansicht gibt es keine klaren Hinweise, jedoch Widersprüche dazu im Text. Die ganze Sache mit dem Sohn Gottes und seiner Beziehung zum himmlischen Vater funktioniert nur, wenn der heilige Geist zum Vater gehört.
Denn laut Bibel ist Jesus der Sohn des heiligen Geistes. Alle Referenzen auf seinen himmlischen Vater würden sich auf den Heiligen Geist beziehen und nicht auf die dritte Figur der Dreifaltigkeit mit dem in diesem Fall irreführenden Namen "Vater".

"17 Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater. Gehe aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater  und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott."

(Johannes 20:17)


In diesem Zitat setzt Jesus seinen Vater mit dem himmlischen Vater aller Menschen gleich. Ist also Jesus der Sohn des Heiligen Geistes wie im neuen Testament behauptet (Lukas 1:35), ist unser himmlischer Vater ebenfalls der Heilige Geist.




Das Vater-Unser, immerhin laut Aussagen von Jesus das vorgeschriebene Standard-Gebet für Christen, wird nach diesem Prinzip zum Heiliger-Geist-Unser.

"9 Darum sollt ihr also beten: Unser Vater in dem Himmel! Dein Name werde geheiligt. 

10 Dein Reich komme. Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel.
11 Unser täglich Brot gib uns heute.  
12 Und vergib uns unsere Schuld, wie wir unseren Schuldigern vergeben. 
13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen. 
14 Denn so ihr den Menschen ihre Fehler vergebet, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben"

(Matthäus 6:9-14)



Wir sollen also zu Jesus' Papa beten, dem heiligen Geist, da sein Wille auf Erden wie im Himmel geschieht und er uns auch unsere Sünden vergibt. Gleichzeitig entstammt alles, was Jesus tut und sagt, der Vorsehung des himmlischen Vaters - also ebenfalls aus der Feder des Heiligen Geistes.

"10 Glaubst du nicht, daß ich im Vater bin und der Vater in mir? Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst. Der Vater aber, der in mir wohnt, der tut die Werke."

(Johannes 14:10)



Was bleibt da für die dritte Person der Dreifaltigkeit für eine Existenzberechtigung? Also entweder ist der Heilige Geist eine gleichberechtigte Person der Dreifaltigkeit, dann muss man aber die biblischen Geburtsgeschichten über Jesus als falsch annehmen. Denn sonst ist der Heilige Geist gleichzeitig der Vater von Jesus und übernimmt alle Aufgaben des "Vaters" der Dreifaltigkeitslehre. Dieser wäre somit überflüssig und nutzlos und das ganze Konzept gleich mit.

Vielleicht ist der Heilige Geist aber keine eigenständige Persönlichkeit, sondern Teil des "Vaters", was mit den Bibeltexten problemlos in Einklang bringen lässt, jedoch Ketzerei ist.
In beiden Fällen wird aus der Dreifaltigkeit eine Zweifaltigkeit und erweist sich so als eine unschlüssige und wenig plausible Theorie. Natürlich nur, wenn man den dummen Fehler macht, Logik auf die Bibel anzuwenden. Asche über mein Haupt!



GRÜSS GOTT!

Gott als Vater, Sohn und heiliger Geist - ganz so leicht ist die Sache natürlich nicht. Die Dreifaltigkeit besteht aus drei Personen, die aber jeweils auch ihre Erscheinungsform ändern können.

Wenn Gott in Gestalt eines Menschen auf der Erde wandelt, ist das nicht unbedingt Jesus. Die Jesus-Story ist nämlich nicht die einzige Erzählung in der Bibel, in der Gott in Menschenform auf die Erde kommt. Schon im allerersten Buch der Bibel, der Genesis, erscheint Gott als Mensch verkleidet.
Als Ringkämpfer, nebenbei bemerkt...

"25 Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. [...]
28 Er sprach: Wie heißt du? Er antwortete: Jakob. 
29 Er sprach: Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und bist obgelegen.
30 Und Jakob fragte ihn und sprach: Sage doch, wie heißt du? Er aber sprach: Warum fragst du, wie ich heiße? Und er segnete ihn daselbst.
31 Und Jakob hieß die Stätte Pniel; denn ich habe Gott von Angesicht gesehen, und meine Seele ist genesen."

(Genesis 32:25,28-31)





Gott ringt also mit Jakob. Den guten alten Abraham scheint er lieber zu mögen, denn der muss nicht gegen ihn ringen, sondern isst mit Gott zu Mittag ein leckeres, wenn auch nicht koscheres Mahl (Genesis 18).

Auch Moses und Co haben Gott (und zwar nicht als Jesus, Geister-Taube oder Busch) mit eigenen Augen auf der Erde gesehen:

"9 Da stiegen Mose und Aaron, Nadab und Abihu und siebzig von den Ältesten Israels hinauf
10 und sahen den Gott Israels. Unter seinen Füßen war es wie ein schöner Saphir und wie die Gestalt des Himmels, wenn's klar ist.
11 Und er reckte seine Hand nicht aus wider die Obersten in Israel. Und da sie Gott geschaut hatten, aßen und tranken sie."

(Exodus 24:9-11)

"11 Der HERR aber redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freunde redet."

(Exodus 33:11)



Der gute alte Moses darf den HERRN sogar mehrfach von Angesicht zu Angesicht treffen. Allerdings sollte man erwähnen, dass niemals jemand Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen hat und Moses ein dreckiger Lügner ist, wenn man dem neuen Testament glaubt.

"12 Niemand hat Gott jemals gesehen."

(1 Johannes 4:12)




JESUS FREAK

Es kommt noch besser: Wenn Gott in Mensch-Form auf Erden wandelt, ist es nicht immer Jesus - und wenn Jesus auf Erden wandelt, ist er nicht immer in Mensch-Form...

Im Matthäus-Evangelium erklärt Jesus, wieso er auf die Erde gekommen ist.

"34 Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert."

(Matthäus 10:34)


Damit auch wirklich jeder Depp kapiert, dass Jesus das Schwert bringt, trägt er bei seinem zweiten Auftritt auf Erden ein Schwert im Mund...

"12 Und ich wandte mich um, zu sehen nach der Stimme, die mit mir redete. Und als ich mich umwandte sah ich sieben goldene Leuchter
13 und mitten unter die sieben Leuchtern einen, der war eines Menschen Sohne gleich, der war angetan mit einem langen Gewand und begürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel.
14 Sein Haupt aber und sein Haar war weiß wie weiße Wolle, wie der Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme
15 und seine Füße gleichwie Messing, das im Ofen glüht, und seine Stimme wie großes Wasserrauschen; 
16 und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht leuchtete wie die helle Sonne."

(Offenbarung 1:12-16)








Das ist eindeutug nicht die bekannte, menschliche Form von Jesus. Offenbar sieht Jesus bei seiner Wiederkehr radikal anders und sehr viel seltsamer aus als bei seiner Zeit als Gott-Mensch. Das Schwert ist übrigens nicht nur Dekoration: Jesus benutzt es auch, um Menschen umzubringen.

"11 Und ich sah den Himmel aufgetan; und siehe, ein weißes Pferd. Und der daraufsaß, hieß Treu und Wahrhaftig, und er richtet und streitet mit Gerechtigkeit.
12 Seine Augen sind wie eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt viele Kronen; und er hatte einen Namen geschrieben, den niemand wußte denn er selbst.
13 Und war angetan mit einem Kleide, das mit Blut besprengt war; und sein Name heißt "das Wort Gottes". [...]
15 Und aus seinem Munde ging ein scharfes Schwert, daß er damit die Heiden schlüge; und er wird sie regieren mit eisernem Stabe; und er tritt die Kelter des Weins des grimmigen Zorns Gottes, des Allmächtigen.
16 Und er hat einen Namen geschrieben auf seinem Kleid und auf seiner Hüfte also: Ein König aller Könige und ein HERR aller Herren. [...]
21 Und die andern wurden erwürgt mit dem Schwert des, der auf dem Pferde saß, das aus seinem Munde ging; und alle Vögel wurden satt von ihrem Fleisch."

(Offenbarung 19:11-13,15-16,21)



Die meisten Menschen sterben bei der Apokalypse zwar durch gottgesandte Plagen und Mörder-Engel, aber da es ja um einen guten Zweck geht - alle umbringen - legt Jesus vorbildlich auch selbst Hand an und tut, was getan werden muss.



ALL SAINTS

Auch neben der Dreifaltigkeits-Lehre gibt es Aspekte der christlichen Religion, die nicht unbedingt 1000% Prozent monotheistisch sind. In der Tradition der katholischen Kirche spielen die Heiligen eine wichtige Rolle. Das sind die Kerle, die so eine komische, leuchtende Scheibe auf dem Kopf haben.
Für jede bestimmte Situation, für jeden Beruf und jede größere Stadt gibt es einen spezifischen, zuständigen Heiligen, den oder die man anrufen kann. Diese Heiligen nennt man Schutzpatrone; sie sind selbst nur ein kleiner Teil der über 10.000 Heiligen der Katholiken.

Es gibt einen Schutzpatron, der nur für Essigmacher zuständig ist, jeweils unterschiedliche Schutzpatrone für Buchdrucker, Buchbinder und Buchhändler, einen Schutzpatron für Bienen und sogar eine Schutzpatronin für das Fernsehen. Gott kann sich halt nicht um jede Kleinigkeit persönlich kümmern, daher hat er dafür seine Mitarbeiter.



Auch die Mutter Gottes Maria wird von vielen Katholiken zeremoniell verehrt. Die Figur einer heiligen Mutter ist religionsgeschichtlich sehr alt. Wir wissen beispielsweise von Bronzezeit-Kulten, die eine "große Mutter" lange vor den Christen verehrt haben. Figuren, die wahrscheinlich eine ähnliche göttliche Mutter darstellen, gehören zu den ältesten, erhaltenen Kunstwerken der Menschheit.

Etwa 27.000 Jahre alt - Die Venus von Willendorf


Die Marienverehrung und die Hilfegesuche an Schutzpatrone - dies sei keine Vielgötterei, so wird uns versichert, da Maria und die Heiligen ja keine Götter seien und sie nicht angebetet, sondern angerufen werden. Ach so! Na dann...



SCHALL UND RAUCH

Wenn eine Rose nicht "Rose" hieße sondern anders, hätte sie nicht dennoch Dornen und würde ich nicht bluten, wenn ich mich stäche?
Zu glauben A sei nicht A wenn man es B nennt, das ist in etwa ist das so, als würde ich den ersten Teil von Harry Potter Wort für Wort abschreiben und nur den Namen "Harry Potter" in "Herbert Pothead" ändern - und dann versuchen, mein Buch zu veröffentlichen, ohne verklagt zu werden.
Nein, nein, das ist nicht Harry Potter, kannst du nicht lesen?! Da steht doch nirgendwo was von Harry Potter! Lies doch mal den Titel: "Herbert Pothead and the philosopher stoned" - es handelt sich also eindeutig um die Geschichte über Herbert, nicht Harry.
Ich glaube nicht, dass das Potterplag gefallen würde...

Wenn die Heiligen also alle Kriterien eines Gottes erfüllen, sind sie Götter, auch wenn man sie nicht so nennt. Doch was sind denn das überhaupt für Kriterien?
Beschränken wir uns doch zunächst  auf die Ansichten der zwei Kulturen, aus denen das Christentum entstand, nämlich die jüdische und die ins gelobte Land importierte griechisch-römische.

Die Römer hatten im Prinzip die selben Götter wie die Griechen, nannten sie nur anders. Für bestimmte Situationen betete man, wie im Falle der Heiligen, einen bestimmten, zuständigen Gott an. Wollte man göttlichen Beistand auf einer Meeresreise, betete man zu Neptun, dem Meeresgott (griechisch "Poseidon"). Hatte man sich in der Wüste verirrt, tat man das eher nicht.

Ein Merkmal dieser Götter ist also, dass sie in das Leben der Menschen in spezifischen Situationen eingreifen und man sie durch religiöse Verehrung dazu bewegen kann, einen günstigeren Ausgang zu bewirken. Ein weiteres Kriterium eines römisch-griechischen Gottes war ihre Unsterblichkeit. Die Götter gab es nicht seit immer, sie haben anders als der christliche Gott einen Anfangspunkt in der Raum-Zeit, sind erschaffen aus dem Chaos. Genau wie der christliche Gott können sie aber nicht sterben.
Auch die Heiligen gab es nicht seit Ewigkeiten: Sie wurden von Gott geschaffen, verbrachten einige Zeit auf Erden und den Rest der Unendlichkeit bei Gott im Himmel. Von dort aus werden sie von Gläubigen um Hilfe angerufen, wenn ein Problem in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich fällt. Es handelt sich also um unsterbliche Wesen, die in einer anderen Existenzebene als wir wohnen, aber uns von dort aus sehen und hören können und manchmal in den Lauf der Dinge der menschlichen Welt eingreifen.
Aber natürlich sind es keine Götter! Das wäre ja noch schöner!

Es ist kein wirklich gravierender Unterschied zwischen den Heiligen und den Göttern zu erkennen und so wundert es auch nicht, dass mit der Verbreitung des Christentums die Heiligen oft die Funktionen der alten Götter übernahmen. Es gab nicht immer und überall allumfassende, plötzliche Änderungen der religiösen Praktiken: Häufig wurden alte Kultstätten zu Kirchen umfunktioniert und dann dem Heiligen gewidmet, der den gleichen Zuständigkeitsbereich hat wie der Gott, der dort zuvor angebetet wurde.
Zum Beispiel wurden viele Tempel des Heiler-Gottes Asklepios zu Kirchen umfunktioniert, die Heiligen gewidmet wurden, die für den Bereich Heilung zuständig sind, wie dem heiligen Christophorus. Natürlich bloßer Zufall...

Eben so zufällig hat Jesus am gleichen Tag Geburtstag. an dem in Rom schon lange zuvor ein großes Fest zu Ehren des Sonnengottes Sol Invictus gefeiert wurde, weil am 25. Dezember nach dem damaligen Kalender die Wintersonnenwende stattfand. Oder vielleicht war es doch kein Zufall, sondern Gottes Rache, weil Sol Invictus ihn niemals zu seinen coolen Partys eingeladen hat...



In Italien, dem Mutterland des Katholizismus, führte das katholische Magazin "Famiglia Cristiana" im Jahr 2006 eine Umfrage zum Thema "Heilige" durch. Von den Befragten gaben 31% an, schon einmal den italienischen Heiligen Padre Pio im Gebet um Hilfe gebeten zu haben, immerhin noch 9% haben in einer solchen Situation zur heiligen Maria gebetet. Jesus kam auf 2%.



THE DARK LORD

Auch in der Bibel bekommen wir eine Definition, was man unter einem Gott zu verstehen habe. Im Buch Genesis erschafft der HERR den Menschen, und zwar in seinem Bilde.

"27 Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie einen Mann und ein Weib."

(Genesis 1:27)


Die Menschen sehen also schon mal aus wie Gott. Doch um auch so zu sein wie Gott, müssen sie die verbotene Frucht essen, meint jedenfalls die Schlange.

"4 Da sprach die Schlange zum Weibe: Ihr werdet mitnichten des Todes sterben
5 sondern Gott weiß, daß, welches Tages ihr davon eßt, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist."

(Genesis 3:4-5)



Die Schlange sollte recht behalten. Laut Aussage von Gott - und der muss es ja am Besten wissen - sind die Menschen nun wie Gott. Allerdings leben sie nicht ewig. Dies ist aber kein unüberbrückbarer, elementarer Unterschied zwischen Mensch und Gott, sondern scheitert nur daran, dass Gott seine Unsterblichkeit nicht teilen mag.

"22 Und Gott der HERR sprach: Siehe, Adam ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, daß er nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich!
23 Da wies ihn Gott der HERR aus dem Garten Eden, daß er das Feld baute, davon er genommen ist,
24 und trieb Adam aus und lagerte vor den Garten Eden die Cherubim mit dem bloßen, hauenden Schwert, zu bewahren den Weg zu dem Baum des Lebens."

(Genesis 3:22-24)



Die Sterblichkeit ist also das einzige Merkmal, dass Menschen und Götter trennt, Gott sei Dank. Zumindest wissen sie, was gut und böse ist, dank der Schlange, die im christlichen Verständnis Satan ist.
Apropos: Was zum Teufel ist der Teufel eigentlich für ein Wesen?
Er ist ja in der christlichen Tradition die Verkörperung des Bösen. Doch um das zu sein, muss er erst einmal den Unterschied zwischen Gut und Böse kennen. Ansonsten würde er nur nach dem Zufallsprinzip vorgehen und manchmal zum Beispiel Kinder aus einem brennenden Haus retten und dabei diabolisch grinsen - im Glauben, er sei der gemeinste Kerl auf der Welt.
Um wirklich böse zu sein, muss er  - wie die Menschen nach dem Verspeisen der verbotenen Frucht - die Erkenntnis über Gut und Böse besitzen. Anders als die Menschen ist der Teufel aber nicht sterblich.

Im Buch der Offenbarung wird die letzte Schlacht zwischen Gut und Böse, zwischen Satan und Gott ausgetragen. Gewinnen wird laut der neutestamentarischen Prophezeiung natürlich Gott. Aber nicht, indem er den Teufel endlich tötet, er verbannt ihn nur für alle Ewigkeiten in die Hölle (Offenbarung 20:10).

Geht man davon aus, dass Gott ein lieber Gott ist und nur das Beste für uns will, erscheint es merkwürdig, warum er den Teufel nicht schon viel eher unter Hausarrest gestellt hat. Oder getötet. Oder niemals erschaffen.
In der Mythologie der Bibel kann Gott den Teufel offenbar nicht töten. Das ist natürlich für eine Geschichte spannender, weckt aber Zweifel am christlichen Konzept vom allmächtigen, guten Gott. Dieser könnte mit dem Finger schnipsen und es hätte niemals einen Teufel gegeben. Denn Gott hat ja uneingeschränkte Macht über seine Schöpfung. Oder gehört da etwa der Teufel nicht dazu?

Auch wenn niemals ein Christ ihn so nennen wird, erfüllt der Teufel die Rolle eines Gottes. Sonst wäre er nie nur im Geringsten ein annähernd ebenbürtiger Gegner für Gott im Kampf um die Seelen der Menschen, im universellen Krieg von Gut gegen Böse.




Zwar glauben lange nicht alle Christen an einen Teufel, doch das Konzept ist durchaus wichtig für das Christentum. Im Mittelalter hat so gut wie jeder Christ in Europa an den Leibhaftigen und seinen verheerenden Einfluss auf die Menschheit geglaubt.
Auch heutzutage glauben noch Millionen von Menschen an die Existenz Satans - besonders im größten christlichen Land der Welt, den USA. In einer repräsentativen Umfrage von 2007 gaben über 60% der befragten Amerikaner an, dass sie an den Teufel glauben - das entspricht etwa 180.000.000 Menschen. Übrigens: In der selben Umfrage bekannten sich nur etwa 40% dazu, an die Richtigkeit der Evolutionslehre zu glauben. Verständlich: Dafür gibt es ja auch keinerlei Beweise!



TEUFELSKREIS

Anstatt nach verschiedenen Definitionen für den Begriff "Gott" in unterschiedlichen Religionen zu suchen, wäre es aufschlussreicher, eine allgemeingültige Definition des Wortes "Gott" zu nehmen und zu untersuchen, ob sie auf die verschiedenen mythischen Figuren des Christentums zutreffen.

Doch leider existiert keine solche Definition des Begriffes "Gott", der alles abdeckt, was wir als Götter bezeichnen. Der Duden macht es sich da einfach und definiert den Begriff einfach zweimal: Einmal für Monotheismus und dann anders für Polytheismus.

GOTT
"1. (im Monotheismus, besonders im Christentum) höchstes übernatürliches Wesen, das als Schöpfer Ursache allen Geschehens in der Natur ist, das Schicksal der Menschen lenkt, Richter über ihr sittliches Verhalten und ihr Heilsbringer ist"

("Gott", DUDEN online)


Das beginnt schon einmal selten dämlich. "Besonders im Christentum"?!!
Man mag von Islam und Judentum halten, was man will, aber diese Definition trifft auf Allah und den jüdischen Jahwe mindestens genau so stark zu wie auf das christliche Jahwe/Jesus/Heiliger Geist-Dreigespann. Eher mehr.
Aber wieso nicht einfach unbelegt das Gegenteil behaupten und erwarten, dass die Leute es schlucken?


"2. (im Polytheismus) kultisch verehrtes übermenschliches Wesen als personal gedachte Naturkraft, sittliche Macht"


("Gott", DUDEN online)

Also wie die heilige Mutter Gottes? Oder Schutzpatrone? Oder Schutzengel? Ach so, nee, gilt ja nur für den Polytheismus und nicht für den Monotheismus, besonders das Christentum...

Nicht einmal durch zwei verschiedene, vom Kontext abhängige Definitionen schafft es der Duden, den Begriff "Gott" einigermaßen zu fassen, da zum Beispiel die Gottesvorstellungen von Hindus oder Pantheisten weder auf die eine, noch auf die andere Definition passen. Gott wird hier zweimal als persönliches Wesen definiert, die Vorstellung eines unpersönlichen Gottes wird nicht einmal erwähnt.
Das ist kein Duden-spezifisches Problem. Auch andere Lexika - unter anderem die "katholische Enzyklopädie" - können keine einheitliche Definition für alles liefern, dass wir Gott nennen und geben unterschiedliche Erklärungen für Gott im Monotheismus und Polytheismus.

Gott ist also nicht gleich Gott - was er ist, wird durch den Kontext entschieden: Monotheismus oder Polytheismus. Doch was genau bedeuten diese Begriffe?

MONOTHEISMUS
"Glaube an einen einzigen Gott, der die Existenz anderer Götter ausschließt"

("Monotheismus", DUDEN online)


Nun wird es aber leider etwas verwirrend, wenn wir der Frage nachgehen: "Ist das Christentum eine monotheistische Religion?" Der Duden behauptet es, doch es sollte da doch noch weitere Kriterien erfüllen, als dass der Duden es einfach so festlegt.

Laut der Duden-Definition von "Monotheismus" muss folgende Bedingung erfüllt werden, damit ein Glauben monotheistisch genannt werden kann: Die Anhänger der Religion glauben an einen einzigen Gott.
Wir müssen also nur noch überprüfen, ob diese Bedingung erfüllt wird. Glauben die Christen nun an einen einzigen Gott? Um das zu beantworten, müssen wir klären, was mit dem Begriff "Gott" hier gemeint ist. Also: "Was bedeutet der Begriff Gott?"
Antwort des Dudens: "Das kommt drauf an. Handelt es sich um Monotheismus oder nicht?"
"Mmmmh. Weiß nicht so genau... Woran erkenne ich das denn?"
"Es ist eine monotheistische Religion, wenn folgende Bedingung erfüllt wird: Die Anhänger glauben an einen einzigen Gott."
"Ja, das ist so, denke ich... Oder doch nicht?... Was meinst du denn mit dem Begriff "Gott"?"
 "Das kommt drauf an. Handelt es sich um Monotheismus oder nicht?"
"Handelt es sich bei deiner Mutter um Monotheismus??!!! Woher soll ich das wissen, ob das Christentum eine monotheistische Religion ist oder nicht?!!"
"Es ist eine monotheistische Religion, wenn folgende Bedingung erfüllt wird: Die Anhänger glauben an einen einzigen Gott."
"Ja, ja, aber: Wann ist ein Gott ein Gott?"
"Das kommt drauf an. Handelt es sich um Monotheismus oder nicht? Ist das Christentum eine monotheistische Religion?"
"Hey, warte mal! War das nicht unsere Ausgangsfrage?.."

Ich könnte noch den ganzen Tag so weitermachen, aber ich denke, ihr habt das Problem erkannt...
Eine Definition des Begriffes "Gott" ist nur möglich, wenn wir die Art der Religion kennen. Die Art der Religion lässt sich nur bestimmen, wenn wir die Definition des Begriffes "Gott" schon kennen.
Dies nennt man einen Zirkelschluss. Wir sind jetzt nicht schlauer als zuvor.
Wahrscheinlich eher dümmer.



A ROSE BY ANY OTHER NAME

Mit seinem Dreifachgott, Satan, Satans Dämonen, den Heiligen und der "Mutter Gottes" bei den Katholiken, den Ikonen der griechisch-orthodoxen Kirche, sowie den zahlreichen Engeln, Schutzengeln und Erzengeln erscheint mir das Christentum nicht als konsequente monotheistische Weltanschauung.

Nur weil Christen vehement von ihrer Religion behaupten, sie sei streng monotheistisch, wird es nicht wahrer. Doch wenn sie nicht einmal genau sagen können, was sie mit dem Begriff "Gott" eigentlich meinen - woher wollen sie wissen, wie viele es davon gibt?

Auf die Frage, warum die Dreifaltigkeit irgendwas mit Monotheismus zu tun haben soll, kommt dann oft das Pseudo-Argument: "Es ist Monotheismus, weil Vater, Sohn und Geist ein einziger Gott sind!", was eigentlich nur folgendes bedeutet: "Es ist Monotheismus, weil es Monotheismus ist. Weil das ja klar ist..."

Aber wenn Jesus, Jahwe und der heilige Geist unterschiedliche Persönlichkeiten und unterschiedliche Fähigkeiten besitzen, dann sind sie drei Götter, auch wenn man sie "Personen der Dreifaltigkeit" nennt. Wenn Gott Satan nicht töten kann und Satan unsterblich ist und einen eigenen freien Willen besitzt, dann ist der Teufel zumindest eine kleinere Gottheit. Und wenn die Schutzheiligen in das Leben von Menschen eingreifen, die ihre Hilfe erbeten, dann sind auch sie Götter.
Auch wenn man sie nicht so nennt.

Wenn ich mir einen Aufkleber mit der Aufschrift "Vogel" auf die Stirn klebe, heißt das nicht, dass ich dann auch fliegen kann.




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SERIE: "DER MYTHOS JESUS"


14. Dezember 2011

DEN TOD NICHT SCHMECKEN (Der Mythos Jesus Teil 12)

                         
[11: Variationen über ein Thema]

Das Leben ist nicht immer einfach. Und dann muss man auch noch irgendwann sterben. So ein Ärger! 

Kein Wunder, dass viele Menschen Christus nachfolgen, wenn er ihnen erzählt, sie bekämen alles, was sie wollen und müssten niemals sterben, sondern würden bald bei Gott im Himmel wohnen und für alle Ewigkeiten glücklich sein. Klingt doch dufte!

Doch vielleicht sollte man bei solchen Versprechungen dann doch ein kleines bisschen skeptisch werden...



“A wise man once said that nothing really dies, it just comes back in a new form.
Then he died."

(Space God, "Futurama")



HOW TO DISAPPEAR COMPLETELY AND NEVER BE FOUND

Die christliche Vorstellung von einer unsterblichen Seele, die nach dem Tod getrennt vom Körper ewig weiterlebt, gibt es im Judentum noch nicht. In der Religion der alten Hebräer war der Tod das Ende der Existenz und für jeden Menschen ein unausweichliches Schicksal.
Nun ja, für fast jeden. Es gibt wenige, jedoch wichtige Ausnahmen zu dieser Regel. 

Der erste Mann in der Bibel, der nicht sterben muss - es sind ausschließlich Männer, nebenbei bemerkt - ist ein recht unbekannter Charakter namens Henoch. Im Buch Genesis wird ein Stammbaum angegeben, der von Adam auf Noah führt. In dieser Aufzählung von Männern, die absurde, astronomische Alter von über 900 Jahren erreicht haben sollen, fällt Henoch völlig heraus, dessen Zeit auf der Erde bereits im zarten Jünglingsalter von 365 Jahren vorüber ist. Folgendes ist alles, was wir über ihn im alten Testament erfahren:

"21 Henoch war fünfundsechzig Jahre alt und zeugte Methusalah.
22 Und nachdem er Methusalah gezeugt hatte, blieb er in einem göttlichen Leben dreihundert Jahre und zeugte Söhne und Töchter;
23 daß sein ganzes Alter ward dreihundertfünfundsechzig Jahre.
24 Und dieweil er ein göttliches Leben führte, nahm ihn Gott hinweg, und er ward nicht mehr gesehen."

(Genesis 5:21-24)



Die traditionelle jüdische Interpretation ist, dass Gott Henoch zu sich in den Himmel holt, obwohl das nicht explizit gesagt wird. Zumindest nicht im alten Testament - doch das seltsame Schicksal von Henoch hat die Fantasie der Gläubigen angeregt, ihm eine eigene Geschichte zu geben.

So entstanden die Bücher Henoch, die detailliert von dessen Leben im Himmel sowie auf Erden erzählen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine offizielle, göttlich autorisierte Biografie: Die Bücher Henoch sind weder Teil der hebräischen Bibel geworden, noch haben die meisten christlichen Kirchen den Text in ihren offiziellen Kanon aufgenommen. Nur die äthiopisch-orthodoxe Kirche und die daraus hervorgegangene eriträisch-orthodoxe Kirche erkennen das erste Buch Henoch als Teil ihrer Bibel an.

Auch im neuen Testament wird Henoch erwähnt, zum Beispiel im Hebräerbrief, in dem das merkwürdige irdische Ende von Henoch mit seinem großen Glauben begründet wird.

"5 Durch den Glauben ward Henoch weggenommen, daß er den Tod nicht sähe, und ward nicht gefunden, darum daß ihn Gott wegnahm; denn vor seinem Wegnehmen hat er Zeugnis gehabt, daß er Gott gefallen habe."

(Hebräer 11:5)



Eine weitere Erwähnung von Henoch finden wir im Judas-Brief des neuen Testaments.

"14 Es hat aber auch von solchen geweissagt Henoch, der siebente von Adam, und gesprochen: "Siehe, der HERR kommt mit vielen tausend Heiligen"

(Judas 1:14)



Hierbei handelt es sich um ein direktes Zitat aus dem ersten Buch Henoch, das somit als Quelle einer göttlichen Prophezeiung identifiziert wird.
Die Vorhersage ist in keinem der Bücher zu finden, die später zum christlichen alten Testament werden sollten. Eigentlich ein Grund für alle christlichen Kirchen, es der großen äthiopisch-orthodoxen Kirche gleichzutun und das erste Buch Henoch in ihre Bibel aufzunehmen.

"16 Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Strafe, zur Besserung, zur Züchtigung in der Gerechtigkeit,
17 daß ein Mensch Gottes sei vollkommen, zu allem guten Werk geschickt."

(2 Timotheus 3:16-17)



Durch den Verzicht auf die Henochbücher als Bestandteil der Bibel berauben sich also fast alle Christen einer weiteren Gelegenheit zur Züchtigung in der Gerechtigkeit. Wie furchtbar!
Im ersten Buch Henoch (hier online) wird nebenbei bemerkt auch eine weitere interessante Bibelgeschichte vertieft, die im Buch Genesis zwar kurz erwähnt wird, jedoch viele Fragen offen lässt: Die historische Begebenheit, wie die Söhne Gottes mit menschlichen Frauen berühmte Riesen zeugten (Genesis 6:1-4).
Ach ja, das waren noch Zeiten!..



TOT ODER LEBENDIG

Der zweite Mann der Bibel, der nicht sterben muss, ist eine weitaus bekanntere und wichtigere Figur, nämlich Moses. Der führt die Israeliten aus Ägypten bis zur Grenze zum gelobten Land. Dort stirbt er. Oder doch nicht?..

"5 Also starb Mose, der Knecht des HERRN, daselbst im Lande der Moabiter nach dem Wort des HERRN.
6 Und er begrub ihn im Tal im Lande der Moabiter gegenüber Beth-Peor. Und niemand hat sein Grab erfahren bis auf diesen heutigen Tag."

(Deuteronomium 34:5-6)


Doch. Eigentlich wird ziemlich unzweideutig gesagt, dass Moses tot ist. Und dennoch entstand im Judentum eine Tradition, die glaubte, Moses sei nicht gestorben, sondern von Gott direkt in den Himmel aufgenommen worden.
Allein die Tatsache, dass niemand seine Leiche gefunden hatte - genau wie bei Henoch - führte zu der Meinung, dass Gott Moses zu sich geholt hat. Auch der jüdische Geschichtsschreiber Josephus vertritt diese Ansicht. In seinen "Antiquitates" behauptet er, Moses habe seinen Tod nur vorgetäuscht und sei auf einer Wolke zum Himmel gefahren (IV - 8.48).
Klingt für mich plausibel.




UP

Viel klarer liegt der Fall beim nächsten Lebemann, der den Tod nicht schmecken musste - dem Propheten  Elia. Er ist der dritte und zugleich letzte Mensch in der Bibel, der nicht sterben muss. Unter den Figuren des neuen Testaments gibt es nämlich keine solche Figur. Selbst Jesus musste ja vor seiner Fahrt in den Himmel zuerst sterben.

Nicht so Elia. Er wird mit Wagen aus Feuer direkt in den Himmel gehievt, wo Gott ja bekanntlich wohnt, wenn er nicht im Urlaub in Frankreich ist.

"11 Und da sie miteinander gingen und redeten, siehe, da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, die schieden die beiden voneinander; und Elia fuhr also im Wetter gen Himmel."

(2 Könige 2:11) 



Elias Himmelfahrt geschieht direkt vor den Augen seines Nachfolgers Elisa. Die restlichen Jünger Elias haben die Himmelfahrt ihres Meisters dagegen nicht mit eigenen Augen gesehen und begeben sich auf die Suche nach seiner Leiche, die natürlich nicht auffindbar ist, obwohl die Suche wirklich sehr gründlich ist.

"17 Aber sie nötigten ihn, bis daß er nachgab und sprach: Laßt hingehen! Und sie sandte hin fünfzig Männer und suchten ihn drei Tage; aber sie fanden ihn nicht."

(2 Könige 2:17)


Sowohl bei Henoch, Moses und auch Elia gibt es also das Motiv des plötzlich vom Erdboden verschwundenen Mannes, das so zur Metapher für einen von Gott zu sich in den Himmel geholten Mannes steht.
Eigentlich komisch, da in der Zeit vor Christus kein einziger Mensch jemals im Himmel war, glaubt man Jesus im Johannes-Evangelium. Aber wer macht das schon?!..

"13 Und niemand fährt gen Himmel, denn der vom Himmel herniedergekommen ist, nämlich des Menschen Sohn, der im Himmel ist."

(Johannes 3:13)








SECOND LIFE

In der Jesus-Saga finden wir literarische Anspielungen sowohl auf Elia als auch auf Moses. Nach Jesus' Tod am Kreuz will eine Gruppe von Frauen um Maria Magdalena sein Grab besuchen - nur um festzustellen, dass seine Leiche fehlt...

"1 Aber am ersten Tage der Woche sehr früh kamen sie zum Grabe und trugen die Spezerei, die sie bereitet hatten, und etliche mit ihnen.
2 Sie fanden aber den Stein abgewälzt von dem Grabe

3 und gingen hinein und fanden den Leib des HERRN Jesu nicht."

(Lukas 24:1-3)  


Christus hat den Tod als unwiderrufliches Ende der Existenz überwunden, so wie zuvor Moses und Elia, zumindest in bestimmten jüdischen Traditionen. Dies ist wohl ein Hauptgrund, warum die Beiden bei der Transfiguration Christi als Vision erscheinen.

"28 Und es begab sich nach diesen Reden bei acht Tagen, daß er zu sich nahm Petrus, Johannes und Jakobus und ging auf einen Berg, zu beten.
29 Und da er betete, ward die Gestalt seines Angesichts anders, und sein Kleid ward weiß und glänzte.
30 Und siehe, zwei Männer redeten mit ihm, welche waren Mose und Elia"

(Lukas 9:28-30)





Im Unterschied zu Elia und Moses war Jesus allerdings eindeutig tot. Die Botschaft ist wohl, dass Gott nicht nur die Macht hat, einem Menschen den unausweichlichen Tod zu ersparen indem er ihn lebendig zu sich in den Himmel holt - er kann den Tod sogar rückgängig machen.
Aber auch diese Ansicht ist nicht neu und wird schon im alten Testament vertreten, wo der Prophet Elia und sein Nachfolger mit Gottes Hilfe drei Leichen wieder zum Leben erwecken, zwei Kinder und einen Mann. Auch Jesus selbst erweckt vor seiner eigenen Auferstehung drei Tote: Zwei Kinder und einen Mann.

Lange blieb Jesus nach seiner Wiederauferstehung nicht auf der Erde, sondern verabschiedete sich alsbald und fuhr zum Himmel auf wie einst Elia.



LANG LEBE DER KÖNIG!

Wenn auch sehr selten und in Ausnahmefällen, gibt es im Judentum die Vorstellung von der Unsterblichkeit und von der Wiedererweckung der Toten. Doch schon Jahrhunderte vor der Entstehung des Judentums gab es bei den späteren Nachbarvölkern der Israeliten ähnliche Ansichten.

Die Suche eines Sterblichen nach der Unsterblichkeit ist schon Thema beim sumerischen Gilgamesch-Epos, das zu den ältesten erhaltenen literarischen Werken der Menschheitsgeschichte zählt.
Grob 2000 Jahre vor der Entstehung der Evangelien sucht der Titelheld Gilgamesch darin einen Weg, niemals sterben zu müssen. Denn obwohl er nur zu einem Teil menschlich ist und zu zwei Teilen göttlich, erwartet ihn der sichere Tod.
Die Geschichte endet tragisch: Unter größter Kraftanstrengung findet der König Gilgamesch ein Elixier für das ewige Leben, das ihm dann aber leider von einer Schlange gemopst wird. Blöd gelaufen.

Auch wenn Gilgamesch die Unsterblichkeit nicht erreicht, bedeutet das nicht, das in der Vorstellung der Verfasser des Epos die Grenze zwischen Tod und Leben endgültig und unabänderlich ist.
Dies beweist eine Drohung der Göttin Ischtar, die Pforten zu Unterwelt zu öffnen, so dass die Toten auf den Straßen wandeln.

"Ischtar tat zum Reden den Mund auf
Und sprach zu Anu, ihrem Vater:
»Mein Vater! Schaff mir den Himmelsstier,
Daß er Gilgamesch töte in seinem Hause!
Schaffst du mir aber den Himmelsstier nicht,
So zerschlag ich die Türen der Unterwelt,
Zerschmeiß ich die Pfosten, laß die Tore weit offenstehn,
Laß ich auferstehn die Toten, daß sie fressen die Lebenden,
Der Toten werden mehr sein denn der Lebendigen!«"

(Gilgamesch-Epos, Tafel 6:92-99)





Die zwölfte Tafel des Epos erzählt, wie Gilgameschs Freund Enkidu in die Unterwelt hinabsteigt, um Besitztümer von Gilgamesch zurückzubringen, die in die Unterwelt gefallen waren - wie auch immer. Er bekommt Anweisungen, wie er sich zu verhalten habe, um heil wieder ins Reich der Lebenden zu gelangen. Genutzt hat es nichts: Enkidu missachtet die guten Ratschläge und schafft es nicht, der Unterwelt wieder zu entkommen.



DIA DE LOS MUERTOS

Die alten Ägypter glaubten zunächst, ein Leben nach dem Tod gebe es allein für ihren König, den Pharao, und sonst niemand anderen auf der Welt. Mit der Zeit änderten sich die religiösen Vorstellungen und es seit der Zeit des Mittleren Königreichs gab die Chance auf ewiges Leben für jeden Menschen [mehr hier: AUF DEN SCHULTERN VON RIESEN (Teil 4)].
Die gleiche Entwicklung des Glaubens, vom Leben nach dem Tod nur für Auserwählte bis hin zur Perspektive für Normalos, wiederholte sich in der Zeit vom frühen Judentum bis zum Christentum - mehr als 2000 Jahre später.

Im Judentum entstand als Zwischenstufe zunächst die Vorstellung vom großen und schrecklichen Tag des HERRN, an dem die toten Israeliten von Gott wieder zum Leben erweckt werden.

"11 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und es ist aus mit uns.
12 Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht der Herr, HERR: Siehe, ich will eure Gräber auftun und will euch, mein Volk, aus denselben herausholen und euch ins Land Israel bringen;

13 und ihr sollt erfahren, daß ich der HERR bin, wenn ich eure Gräber geöffnet und euch, mein Volk, aus denselben gebracht habe.
14 Und ich will meinen Geist in euch geben, daß ihr wieder leben sollt, und will euch in euer Land setzen, und sollt erfahren, daß ich der HERR bin. Ich rede es und tue es auch, spricht der HERR."

(Hesekiel 37:11-14, siehe auch Jesaja 26:19)



Diese Vorstellung ist noch sehr verschieden vom christlichen ewigen Leben, wo die unsterbliche Seele nach der Trennung vom Körper in einer anderen, von uns abgetrennten Realitätsebene weiterlebt. Denn die wiedergekehrten Israeliten leben auf der stinknormalen Erde und werden fleischlich wiedererweckt.
Es handelt sich eher um ein langes Leben, das zeitweise von einer Ruhepause im Grab unterbrochen wird, als um die christliche Lehre vom völlig andersartigen ewigen Leben nach dem Tod.
Während bei den Christen ein jeder Mensch, der an Jesus glaubt, ein ewiges Leben bekommt, bleiben aus jüdischer Sicht die Menschen aller Völker tot, bis auf die Israeliten.




WEAR YOUR LOVE LIKE HEAVEN

Die Idee von den israelitischen Zombies ist kein allgemeine Vorstellung der jüdischen Religion. Innerhalb der Juden gab es Gruppen, die das Konzept akzeptieren, wie die Pharisäer, aber auch andere, die nicht daran glaubten, wie die Sadduzäer.
Dieser innerreligiöse Konflikt wird auch im neuen Testament thematisiert. Als Jesus das ewige Leben verkündet, verspotten ihn die Saduzzäer.

"18 Da traten die Sadduzäer zu ihm, die da halten, es sei keine Auferstehung; die fragten ihn und sprachen:  
19 Meister, Mose hat uns geschrieben: Wenn jemands Bruder stirbt und hinterläßt ein Weib, und hinterläßt keine Kinder, so soll sein Bruder sein Weib nehmen und seinem Bruder Samen erwecken.  
20  Nun sind sieben Brüder gewesen. Der erste nahm ein Weib; der starb und hinterließ keinen Samen.  
21  Und der andere nahm sie und starb und hinterließ auch nicht Samen. Der Dritte desgleichen.  
22 Und es nahmen sie alle sieben und hinterließen nicht Samen. Zuletzt nach allen starb das Weib auch.  
23 Nun in der Auferstehung, wenn sie auferstehen, wes Weib wird sie sein unter ihnen? Denn sieben haben sie zum Weibe gehabt."

(Markus 12:18-23)


Obwohl die Sadduzäer ihr Argument auf eine richtig wiedergegebene Aussage Moses' aus der Torah aufbauen, der heiligsten Schrift des Judentums, ist Jesus erste Reaktion darauf, den Leuten Unkenntnis der Schrift vorzuwerfen.
Fun Fact: Es sollte zu einer langen und schönen Tradition werden, dass Christen Juden freundlicherweise darüber aufklären, dass diese leider überhaupt keine Ahnung haben, was ihre eigenen religiösen Texte besagen.

"24 Da antwortete Jesus und sprach zu ihnen: Ist's nicht also? Ihr irrt darum, daß ihr nichts wisset von der Schrift noch von der Kraft Gottes.
25 Wenn sie von den Toten auferstehen werden, so werden sie nicht freien noch sich freien lassen, sondern sie sind wie die Engel im Himmel."

(Markus 12:24-25)


Also ich hätte wenig Lust, die Unendlichkeit als asexueller Engel zu verbringen. Das ist vielleicht der Himmel der Christenheit, die nicht selten durch einen extremen Hass auf Sex und den menschlichen Körper aufgefallen ist. Meiner ist es nicht. Vielleicht ist der Himmel der Christen die Hölle der anderen Menschen. Würde Platz sparen und Heizkosten.



WALK THROUGH THE VALLEY OF THE SHADOW OF DEATH

Die Juden, die in der Entstehungszeit des neuen Testaments lebten, waren auch mit einer Mythologie gut vertraut, die sehr wohl ein Leben nach dem Tod für alle Völker der Welt kannte. Die Armee von Alexander dem Großen hätte nämliche die griechische Kultur in alle Länder exportiert, die sie eingenommen hatte - auch in das Gebiet, in dem die Juden lebten.

In der griechischen Weltanschauung gab es den Hades, eine Unterwelt, in die fast jeder Sterbliche irgendwann hinabsteigen muss. Der Hades war ein grauer, trauriger, trostloser Ort - jedoch keine Hölle. Die Bewohner durchstreifen die Unterwelt wie Schatten, müssen aber keine Leiden erdulden. Das gilt für 99,99 % der Menschen, aber auch hier gibt es wichtige Ausnahmen.

Einige wenige Sterbliche, wie Aeneas, Herkules, Empedokles oder Aristaeus werden für ihre Heldentaten auf Erden damit belohnt, dass sie zu Göttern gemacht werden. Interessanterweise gibt es bei allen diesen genannten Figuren Geschichten darüber, wie die Männer, zumeist auf dem Schlachtfeld, urplötzlich verschwunden waren und sie trotz intensiver Suche nicht gefunden werden konnten.
Kein Wunder, schließlich leben sie von da aus als unsterbliche Götter bei Zeus im Olymp und sind fein raus. Eine sehr ähnliche Geschichte erzählten sich die Römer über ihren mythischen Stadtgründer Romulus, der plötzlich nicht mehr auffindbar war, da er zum Gott geworden war und seitdem beim römischen Götterchef Jupiter wohnt.

Vielleicht nicht ganz so gut, aber definitiv auch nicht schlecht, haben es die Bewohner der Insel der Seligen, der elysischen Gefilde. Dorthin gelangen nur sehr wenige Menschen, die sich durch ganz besondere Taten ausgezeichnet haben. Dafür dürfen sie für immer auf einer paradiesischen Insel wohnen und einen magischen Nektar trinken, der sie all ihr Leid, das sie auf Erden erfahren haben, vergessen lässt.

Besonders lobenswerte Taten werden also mit einem ewigen Leben in einem Paradies belohnt - besonders schlimme Übeltäter werden hingegen mit ewigen, höllischen Qualen bestraft. Im Tartarus müssen die armen Teufel in alle Ewigkeiten Aufgaben verrichten, die nie zu Ende gebracht werden können - wie z.B. Wasserschöpfen mit einem Eimer ohne Boden. Dies ist schon etwas frustrierend. Allerdings kommt man weitaus schwerer in den Tartarus als in die christliche Hölle. Man muss schon ein massenmordender Tyrann sein oder sich mit den Göttern anlegen, um derart bestraft zu werden.

Wenn man einmal im Hades ist oder im Tartarus - dort ganz besonders -, möchte man da eigentlich eher wieder weg. Doch der Tod gehört in den Augen der Griechen zur natürlichen Ordnung der Dinge.
Daher wartete man nicht auf einen Erlöser, der den Tod an sich besiegt. Erstens gab es den schon und zweitens wollten die Griechen nicht, dass die Toten wieder in die Welt der Lebenden kommen. Man hatte sogar panische Angst davor. Daher wurde streng auf eine ordnungsgemäße Bestattung der Toten geachtet, selbst unter erschwerten Umständen wie beispielsweise Krieg oder einer Seuche.
Man begrub seine Toten nach bestimmten Ritualen, zu denen etwa die Gabe von Münzen auf die Augen oder auf die Zunge gehörte, um den Fährmann zu bezahlen für die Überfahrt auf dem Styx, dem Fluss der Unterwelt.


Hielt man sich nicht an die Begräbnis-Vorschriften, wurde man nicht nur gesellschaftlich geächtet, sondern konnte auch gesetzlich dafür belangt werden. Denn nicht richtig Bestattete, so fürchtete man, finden den Weg zum Hades nicht und wandern als Gespenster auf der Erde. Eventuell sogar ohne zu wissen, dass sie tot sind. Und wer will schon einer geliebten Person beibringen müssen, dass sie tot ist? Das ist wohl ein eher unangenehmes Gespräch...



LIKE A ROLLING STONE

In der Mythenwelt der Griechen gibt es einen Sterblichen, der durch seine Cleverness den Tod vorübergehend aushebelt.

Der König Sisyphus hat Zeus betrogen und eines seiner Geheimnisse ausgeplaudert, wofür der Göttervater ihn in den Tartarus verbannt. Der personifizierte Tod, Thanatos, soll ihm dort Ketten anlegen. Sisyphus ist sehr interessiert an der Arbeit von Thanatos und fragt ihn, wie diese Fesseln eigentlich so funktionieren. Der Tod kettet sich zu Demonstrationszwecken selbst fest. Natürlich denkt Sisyphus nicht im Traum daran, den Tod wieder zu befreien und geht nach Hause. Meiner Meinung nach sollte man da kein Mitleid mit dem Tod haben, da solche Dummheit eine Bestrafung verdient hat...

Die Aktion hat weitreichende Folgen: Kein Mensch kann mehr sterben, solange der Tod im Tartarus gefangen ist. Das macht den Kriegsgott Ares ziemlich wütend, denn ohne den Tod macht der Krieg doch nur halb so viel Spaß. Daher befreit Ares den gefesselten Thanatos und Sisyphus muss zurück in den Tartarus.

Der gewitzte Sisyphus hat aber auch noch einen Plan B, um dem Tod zu entgehen. Vor seinem Dahinscheiden hatte er seine Frau darum gebeten, im Falle seines Ablebens seinen Leichnam nackt auf einen öffentlichen Platz zu werfen.
Als der Geist des Sisyphus für alle Ewigkeiten seinen Platz im Tartarus einnehmen soll, beschwert er sich bei der Königin der Unterwelt, Persephone, darüber, dass seine Frau ihn nicht ordentlich bestattet hat und bittet darum, nur noch einmal ganz kurz zur Welt der Lebenden zurückkehren zu dürfen, um die unverschämte Schlampe für ihre Untat als Gespenst heimsuchen zu dürfen. Persephone gewährt ihm den Wunsch und lässt ihn gehen.

Aber natürlich hat Sisyphus auch diesmal nicht vor, in den Tartarus zurückzukehren. Letztendlich fängt ihn aber der flinke Gott Hermes dann doch ein.
Seitdem muss Sisyphus unentwegt einen Felsen auf einen Berg hochschieben, wobei der Stein immer kurz vor dem Gipfel aus seinen Händen rutscht und zurückrollt - was natürlich nicht so furchtbar viel Spaß macht.





MEIN GOTT, MEIN GOTT, WARUM HAST DU MICH VERLASSEN?

Wenn man sich nicht gerade mit den Göttern anlegt oder Massenmord begeht, musste man als 08/15-Grieche keine Angst haben, im Tartarus zu landen. Die christliche Hölle hingegen erwarten jeden Menschen, der Jesus nicht als seinen Erlöser anerkennt.
Die Bestrafung für den falschen Glauben und nicht für Taten ist den pragmatischen Griechen fremd. Dieser Aspekt des Christentums lässt sich nur im Hintergrund der Geschichte des jüdischen Volkes richtig verstehen.

Das Gottesbild der Juden hat sich im Laufe der Geschichte immer wieder gewandelt. Dabei besitzt Gott jedoch durchgängig zwei Eigenschaften: Er ist sehr mächtig und er ist gerecht.

Die Israeliten waren nicht immer Monotheisten. Auch noch während der Entstehungszeit vieler Bibeltexte hielten die Juden Jahwe nicht für den einzigen Gott auf der Welt, wohl aber für den Mächtigsten und den einzigen Gott, der religiöse Verehrung verdient hat.
Immerhin ist er - wie wir im Psalm 82 erfahren - "Richter unter den Göttern". Trotz seiner Führungsposition hat Jahwe ein großes Problem mit seinem Selbstbewusstsein. So tötet er alle ägyptischen Erstgeborenen, um die ägyptischen Götter zu demütigen und zu beweisen, wer der HERR im Haus ist.

"1 Der HERR aber sprach zu Mose und Aaron in Ägyptenland: [...]
12 Denn ich will in derselben Nacht durch Ägyptenland gehen und alle Erstgeburt schlagen in Ägyptenland, unter den Menschen und unter dem Vieh, und will meine Strafe beweisen an allen Göttern der Ägypter, ich, der HERR."

(Exodus 12:1,12)



Gott ist also Chefgott und kann so allerhand. Er hat sich die Israeliten als sein auserwähltes Volk gewählt und ihnen ein Stück Land im Nahen Osten zum Wohnen geschenkt, für immer und ewig. So weit, so gut: In der Theorie wären die Israeliten mit dem HERRN an der Seite nun eigentlich fein raus und müssten die Nachbarvölker mit ihren Versager-Göttern eigentlich nicht fürchten.

"8 So sollst du nun so sagen meinem Knechte David: So spricht der HERR Zebaoth: Ich habe dich genommen von den Schafhürden, daß du sein solltest ein Fürst über mein Volk Israel, [...]
16 Aber dein Haus und dein Königreich soll beständig sein ewiglich vor dir, und dein Stuhl soll ewiglich bestehen"

(2 Samuel 7:8,16)



Doch die Wirklichkeit sah ganz anders aus. Die Israeliten waren praktisch immer von wechselnden Großmächten besetzt. Weder verhindert Gott die militärische Besetzung des Landes, das er eigentlich hoch und heilig seinem erwählten Volk versprochen hatte, noch hindert er die Babylonier im 6. Jahrhundert vor Christus daran, den Tempel zu zerstören und die Israeliten ins Exil mitzunehmen.
Auch schritt er nicht ein, als die Römer den zweiten Tempel in Jerusalem zerstörten und auch nicht, als daraufhin die Juden aus dem gelobten Land vertrieben wurden und in anderen Ländern wohnten, in denen man sie schlecht behandelte und hin und wieder massakrierte.



Warum griff Gott nicht ein, als sein Volk litt? Da Gott in den Augen der Israeliten gerecht war, musste es dafür einen triftigen Grund geben. So war die gängige Begründung für Unheil, dass Gott sein Volk für deren Sünden bestraft. Lief es ausnahmsweise mal gut, war Gott dafür verantwortlich, passierte etwas Schlechtes, waren generell und aus Prinzip die Menschen daran Schuld.

Wenn Gott jedoch gerecht ist und weise sowieso, dann würde er doch von den Menschen nichts verlangen, dass die unmöglich leisten können, oder? Einen Standard aufzustellen, von dem er weiß, dass niemand ihn erfüllen kann, ist alles andere als Gerechtigkeit.

Das Christentum bietet eine Lösung für dieses Dilemma. Wenn Gottes Feinde ein erfolgreiches, glückliches Leben haben und die Gläubigen nicht, erscheint das ungerecht. Wenn aber erstere danach für alle Ewigkeiten Qualen erleiden müssen und letztere ewige Glückseligkeit erwartet, spielt die kurze Zeit auf Erden kaum noch eine Rolle.

Auch auf die Frage, warum Gott den Juden ein Land verspricht und sein Versprechen dann nicht einhält, bietet das Christentum eine Antwort. Die Prophezeiung, dass ein Messias kommen und ein neues jüdisches Königreich gründen soll, wird zur Metapher umgedeutet. So sei Jesus der Messias gewesen, das neue Königreich aber kein irdisches, sondern ein göttliches Reich, ein neues Jerusalem im Himmel (s. Offenbarung Kapitel 21).
Die Erweckung der Toten sei ebenfalls keine falsche Versprechung, sondern geschähe auch im Himmel - und ist so auch kein irdisches Ereignis mehr und daher nicht mehr überprüfbar. Man braucht sich also um solch lästigen Dinge wie beweisbare Fakten, nicht unbedingt ein Freund von Religion, nun keine Sorgen mehr zu machen.




Aus dieser Entwicklung lässt sich auch besser verstehen, warum die christliche Religion so einen starken Akzent auf das "Glauben" legt. Wenn Gott etwas verspricht, wie z.B. den Israeliten das gelobte Land, und dann macht er sein Versprechen nicht wahr, ist er nur gerecht, wenn es sich um eine Art Prüfung des Glaubens handelt. Glaubt man Gottes Versprechen, obwohl die Realität dagegen zu sprechen scheint, besteht man Gottes Versuchung und bekommt dann auch, was Gott versprochen hat. Das ist die einzige plausible Begründung, warum ein gerechter Gott etwas ankündigt und dann nicht wahrzumachen scheint. Wenn er sein Versprechen ändert und zum Beispiel plötzlich Bedingungen damit verknüpft oder die Sache direkt ganz abbläst, würde er schlagartig seine Glaubwürdigkeit verlieren. Er könnte noch immer der größte Gott aller Zeiten sein, mächtig und gutaussehend zugleich, nicht aber gerecht und verehrungswürdig.

Daher müssen Juden und auch Christen auf der Ansicht bestehen, dass Gott es ernst gemeint hat, als er den Israeliten das gelobte Land geschenkt hat. Christen sind oftmals der Meinung, Gott habe in Metaphern geredet und die wahren Gläubigen bekommen ein gelobtes Land im Himmel. Eine Behauptung, die praktischerweise von der Erde aus nicht überprüfbar ist.
Orthodoxe Juden dagegen warten noch immer auf ein irdisches Reich Gottes und auf einen Messias, der dieses Reich begründen wird. Wartet mal, ist er das nicht dort drüben?!.. Ach, ne, doch nicht...
Müsste aber jeden Moment so weit sein.



SOONER OR LATER THEY ALL WILL BE GONE

Auch die Christen erwarten ihren Messias in naher Zukunft - seit ca. 2000 Jahren. Jesus soll nämlich ein zweites Mal auf die Erde kommen, um die letzte Schlacht gegen Satan zu führen. Zuvor werden alle gläubigen Christen in den Himmel entrückt, so wie einst der gute Henoch und Elia (1 Thessaloniker 4:17).
Die restlichen Menschen werden vom Satan, von diversen Plagen Gottes und von Jesus persönlich ermordet und verbringen dann den Rest der Ewigkeit in der Hölle.

"7 Und da es das vierte Siegel auftat, hörte ich die Stimme des vierten Tiers sagen: Komm!

8 Und ich sah, und siehe, ein fahles Pferd. Und der daraufsaß, des Name hieß Tod, und die Hölle folgte ihm nach. Und ihnen ward Macht gegeben, zu töten das vierte Teil auf der Erde mit dem Schwert und Hunger und mit dem Tod und durch die Tiere auf Erden[...]
13 und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, gleichwie ein Feigenbaum seine Feigen abwirft, wenn er von großem Wind bewegt wird."

(Offenbarung 6:7-8,13)

"15 Und es wurden die vier Engel los, die bereit waren auf die Stunde und auf den Tag und auf den Monat und auf das Jahr, daß sie töteten den dritten Teil der Menschen."

(Offenbarung 9:15) 





"9 Und der dritte Engel folgte diesem nach und sprach mit großer Stimme: So jemand das Tier anbetet und sein Bild und nimmt sein Malzeichen an seine Stirn oder an seine Hand,

10 der wird vom Wein des Zorns Gottes trinken, der lauter eingeschenkt ist in seines Zornes Kelch, und wird gequält werden mit Feuer und Schwefel vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm;
11 und der Rauch ihrer Qual wird aufsteigen von Ewigkeit zu Ewigkeit; und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, die das Tier haben angebetet und sein Bild, und so jemand hat das Malzeichen seines Namens angenommen."

(Offenbarung 14:9-11)
 

"17 Und ich sah einen Engel in der Sonne stehen; und er schrie mit großer Stimme und sprach zu allen Vögeln, die unter dem Himmel fliegen: Kommt und versammelt euch zu dem Abendmahl des großen Gottes,

18 daß ihr esset das Fleisch der Könige und der Hauptleute und das Fleisch der Starken und der Pferde und derer, die daraufsitzen, und das Fleisch aller Freien und Knechte, der Kleinen und der Großen!"

(Offenbarung 19:17-18)


"5 Und der auf dem Stuhl saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht zu mir: Schreibe; denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiß!
6 Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will den Durstigen geben von dem Brunnen des lebendigen Wassers umsonst.
7 Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.
8 Der Verzagten aber und Ungläubigen und Greulichen und Totschläger und Hurer und Zauberer und Abgöttischen und aller Lügner, deren Teil wird sein in dem Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt; das ist der andere Tod."

(Offenbarung 21:5-8)






WHO WANTS TO LIVE FOREVER?

Besser ist es da wohl, ein gläubiger Christ zu sein und vor dem Ende der Welt entrückt zu werden. So kommt man in den Himmel und muss nicht einmal sterben, während die auf der Erde Zurückgelassenen doof aus der Wäsche gucken.
Dies ist kein schlechtes Verkaufsargument für das Christentum - besonders da der Weltuntergang jede Minute stattfinden kann. Und wenn man dann nicht Christ ist, ist es zu spät. Jesus nennt zwar kein exaktes Datum für das Ende der Welt, verspricht aber in Predigten den Anwesenden, dass es noch in ihrer Lebenszeit geschehen werde.

"29 Bald aber nach der Trübsal derselben Zeit werden Sonne und Mond den Schein verlierenund Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden sich bewegen.
30 Und alsdann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohnes am Himmel. Und alsdann werden heulen alle Geschlechter auf Erden und werden sehen kommen des Menschen Sohn in den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit. [...]
34 Wahrlich ich sage euch: Dies Geschlecht wird nicht vergehen, bis daß dieses alles geschehe.  
35 Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen."

(Matthäus 24:29-30,34-35)

"27 Denn es wird geschehen, daß des Menschen Sohn komme in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln; und alsdann wird er einem jeglichen vergelten nach seinen Werken.
28 Wahrlich ich sage euch: Es stehen etliche hier, die nicht schmecken werden den Tod, bis daß sie des Menschen Sohn kommen sehen in seinem Reich."

(Matthäus 16:27-28)

"22 Und ihr müsset gehaßt werden von jedermann um meines Namens willen. Wer aber bis an das Ende beharrt, der wird selig. 
23 Wenn sie euch aber in einer Stadt verfolgen, so flieht in eine andere. Wahrlich ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis des Menschen Sohn kommt."

(Matthäus 10:22-23)

"1 Und er sprach zu ihnen: Wahrlich ich sage euch: Es stehen etliche hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis daß sie sehen das Reich Gottes mit seiner Kraft kommen." 

(Markus 9:1)




Es gibt eigentlich nur eine Möglichkeit, wie das funktionieren kann: Da die Welt noch da ist, müssen auch noch einige von Jesus Anhängern am Leben sein. Damit wären sie mehr als doppelt so alt wie der älteste Mann der Bibel, Methusalem, ein Sohn des entrückten Henochs, der es immerhin auf respektable 969 Jahre bringt (Genesis 5:27).
Für mich klingt das erst einmal nicht so sehr glaubwürdig. Aber wenn man glauben kann, dass Menschen fast 1000 Jahre alt werden, warum nicht auch 2000 - oder 10.000?
Zumindest entstand in der Tat die Vorstellung des "ewigen Juden", der nicht sterben kann bis das Ende der Tage kommt.

Diese Figur ist jedoch offensichtlich eine Notlösung, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass Jesus hier nicht die Wahrheit sagt. Denn in den Evangelien, aber auch in den Briefen des neuen Testaments und im Buch der Offenbarung des Johannes wird unzweifelhaft der Eindruck geweckt, die Erde werde in sehr naher Zukunft untergehen...

"18 Kinder, es ist die letzte Stunde! Und wie ihr gehört habt, daß der Widerchrist kommt, so sind nun viele Widerchristen geworden; daher erkennen wir, daß die letzte Stunde ist."

(1 Johannes 2:18)


"3 und ein jeglicher Geist, der da nicht bekennt, daß Jesus Christus ist in das Fleisch gekommen, der ist nicht von Gott. Und das ist der Geist des Widerchrists, von welchem ihr habt gehört, daß er kommen werde, und er ist jetzt schon in der Welt."

(1 Johannes 4:3)


"8 Seid ihr auch geduldig und stärket eure Herzen; denn die Zukunft des HERRN ist nahe."

(Jakobus 5:8)


"15 Denn das sagen wir euch als ein Wort des HERRN, daß wir, die wir leben und übrig bleiben auf die Zukunft des HERRN, werden denen nicht zuvorkommen, die da schlafen.
16 denn er selbst, der HERR, wird mit einem Feldgeschrei und der Stimme des Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel, und die Toten in Christo werden auferstehen zuerst.
17 Darnach wir, die wir leben und übrig bleiben, werden zugleich mit ihnen hingerückt werden in den Wolken, dem HERRN entgegen in der Luft, und werden also bei dem HERRN sein allezeit.
18 So tröstet euch nun mit diesen Worten untereinander."

(1 Thessalonicher 4:15-18)


"8 Und ich bin Johannes, der solches gehört hat. Und da ich's gehört und gesehen, fiel ich nieder, anzubeten zu den Füßen des Engels, der mir solches zeigte.
9 Und er spricht zu mir: Siehe zu, tu es nicht! denn ich bin dein Mitknecht und deiner Brüder, der Propheten, und derer, die da halten die Worte dieses Buchs. Bete Gott an!
10 Und er spricht zu mir: Versiegle nicht die Worte der Weissagung in diesem Buch; denn die Zeit ist nahe!"

(Offenbarung 22:8-10) 




WENN DER TAG LANG IST

Da die Texte des neuen Testaments im Abstand von einigen Jahrzehnten entstanden, kann man darin eine wachsende Unsicherheit der Christen in Bezug auf das kommende Ende feststellen, zum Beispiel im zweiten Petrus-Brief.

"3 Und wisset aufs erste, daß in den letzten Tagen kommen werden Spötter, die nach ihren eigenen Lüsten wandeln
4 und sagen: Wo ist die Verheißung seiner Zukunft? denn nachdem die Väter entschlafen sind, bleibt es alles, wie es von Anfang der Kreatur gewesen ist."

(2 Petrus 3:3-4)



An dem baldigen Ende wird auch hier noch festgehalten, jedoch mit dem wichtigen Twist, das "bald" in der Perspektive von Gott gemeint ist, für den 1000 Jahre wie ein Tag sind.

"8 Eins aber sei euch unverhalten, ihr Lieben, daß ein Tag vor dem HERRN ist wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein Tag."

(2 Petrus 3:8)



Einer der Klassiker unter den Taschenspieler-Tricks von religiösen Propagandisten: Etwas Konkretes wie der Begriff "Tag" wird einfach metaphorisch umgedeutet und bedeutet nun 1000 Jahre.
Das gilt übrigens nicht für die zehn Gebote, in denen das Arbeitsverbot am Sabbat damit begründet wird, dass Gott bei der Schöpfung am siebten Tag eine Ruhepause gemacht hat.

"9 Sechs Tage sollst du arbeiten und alle dein Dinge beschicken;
10 aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes; da sollst du kein Werk tun noch dein Sohn noch deine Tochter noch dein Knecht noch deine Magd noch dein Vieh noch dein Fremdling, der in deinen Toren ist.
11 Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn."

(Exodus 20:11)


Heißt das nun, wir sollen 6000 Jahre am Stück arbeiten und dann 1000 Jahre Urlaub machen?
Selbstverständlich nicht: Hier bedeutet "Tag" natürlich Tag. Logisch.



PAUL IS A DEAD MAN

Paulus schreibt in seinem ersten Brief an die Korinther, dass es nicht von Nachteil sei, wenn man vor dem Ende der Welt stirbt, da im Himmel sowieso jeder einen neuen, himmlischen Körper bekommt. Anscheinend hatten die Christen nicht damit gerechnet zu sterben. Paulus hält es zwar nicht für einen Vorteil, wohl aber für eine Tatsache, dass zumindest einige Mitglieder der Christengemeinde noch am Leben sind, wenn es soweit ist und er glaubt, selbst zu dieser Gruppe zu gehören (1 Thessaloniker 4:17).

"50 Das sage ich aber, liebe Brüder, daß Fleisch und Blut nicht können das Reich Gottes ererben; auch wird das Verwesliche nicht erben das Unverwesliche.

51 Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden;"

(1 Korinther 15:50-51)


Interessant, das Paulus das für ein Geheimnis hält - hat es doch Jesus laut den Evangelien öffentlich gepredigt. Um das Christentum mitzubegründen, ist es offenbar zweitrangig zu wissen, was dieser zwielichtige Jesus-Charakter so alles erzählt hat, wenn der Tag lang war...



EPIC FAIL

Je länger es das Christentum gab, desto klarer wurde, dass die Prophezeiung des nahenden Endes falsch war. Warum hat die Religion dennoch überlebt, obwohl sie sich auf einen Mann beruft, der sich nach den Standards der Bibel als falscher Prophet erwiesen hat?
Diese Art von Prophet ist in der Bibel eigentlich nicht sonderlich beliebt.

"20 Doch wenn ein Prophet vermessen ist, zu reden in meinem Namen, was ich ihm nicht geboten habe zu reden, und wenn einer redet in dem Namen anderer Götter, derselbe Prophet soll sterben
.
21 Ob du aber in deinem Herzen sagen würdest: Wie kann ich merken, welches Wort der HERR nicht geredet hat?
22 Wenn der Prophet redet in dem Namen des HERRN, und es wird nichts daraus und es kommt nicht, das ist das Wort, das der HERR nicht geredet hat, darum scheue dich nicht vor ihm."

(Deuteronomium 18:20-22)



Dass ein Prophet eine Vorhersage macht, die nicht in Erfüllung geht, und seine Anhänger trotzdem weiter an ihn glauben, ist nicht ungewöhnlich. In den 1950er Jahren untersuchten die US-Psychologen Leon Festiger, Henry Riecken und Stanley Schlachter dieses Phänomen anhand einer UFO-Sekte und hielten ihre Ergebnisse in dem Buch "When Prophecy Fails" fest.
Darin beschreiben sie den Fall von Dorothy Martin, einer Hausfrau, die eine weltweite Sintflut für den 21.12.1954 vorhersagte. Nur sie und ihre Anhänger sollten durch Außerirdische in ihrem UFO gerettet werden. Dies ist allerdings dann nicht passiert. Und dennoch hielten einige der Sekten-Mitglieder auch noch danach an dem Glauben an ihre Prophetin und ihrer Botschaft fest. Das sollte nicht das letzte Mal bleiben, dass so etwas passiert und viele weitere Fälle wurden wissenschaftlich untersucht, in denen eine Prophezeiung nicht eingetroffen ist und die Anhänger dennoch nicht vom Glauben abgefallen sind.





ICH MACH MIR DIE WELT WIE-DE-WIE-DE-WIE SIE MIR GEFÄLLT

Der Grund dafür ist ein psychologischer Mechanismus, der weit über den Bereich Religion und Esoterik hinausgeht und unser aller Leben formt: Confirmation Bias. Das ist ein unbewusster Filter unserer Psyche, der alle Informationen, die wir bewusst wahrnehmen, zuvor sortiert. Dabei werden Meinungen, die unseren inneren Überzeugungen widersprechen, automatisch entweder als unwichtig oder sogar als falsch eingestuft, und alles, was unsere bestehenden Ansichten bestärkt, überbetont.
Je mehr Arbeit, Konzentration und Zeit man in eine gewisse Vorstellung investiert, umso stärker wird in der Regel der Confirmation Bias. So sind es gerade die Leute, die extrem viel für die Weltuntergangs-Prophezeiung aufgegeben haben, ihren Job, ihre Ersparnisse, Beziehungen zu Ungläuben, die es nicht wahrhaben wollen und können, dass sie gerade extrem verarscht worden sind.

Mit Confirmation Bias lässt sich auch beispielsweise das Verhalten von Spielsüchtigen erklären. Nehmen wir die Glücksspiel-Automaten und gehen wir davon aus, dass sein Benutzer überzeugt ist, dass es möglich ist, nach dem Spiel mehr Geld zu besitzen als vorher. Das dürfte auf die meisten Spieler zutreffen. (Es mag auch welche geben, die davon ausgehen, dass sie das eingeworfene Geld nie mehr wiedersehen und zocken, weil das Spiel so viel Spaß macht. Das ist wahrscheinlich aber eher die Minderheit.)
Die Automaten sind absichtlich so programmiert, dass man immer wieder mal etwas gewinnt. Man verliert im Durchschnitt immer mehr als man gewinnt, aber dadurch, dass man ein paar Mal erfolgreich ist, wird der Gedanke in den Kopf verstärkt, dass das Gewinnen prinzipiell möglich ist.
Durch Confirmation Bias werden die Erinnerungen an den Verlust verhältnismäßig weniger und unbedeutender als sie es in Wirklichkeit waren. An einen großen Gewinn und das gute Gefühl dabei erinnert man sich dagegen sehr stark und lebhaft. Je öfter sich der Vorgang wiederholt, umso stärker verbiegt sich die Realität, langsam, aber stetig.

Auch die Nachricht, dass jemand im Lotto gewonnen hat, wird von Lotto-Spielern unvergleichlich höher bewertet und gespeichert, als die ganzen anderen Situationen, in denen man selbst und andere Spieler nicht gewonnen haben. So entsteht der Eindruck, dass es möglich ist, durch Lotto reich zu werden und verdrängt die eigentlich vernünftige Gegenansicht, dass die Chancen nicht sehr viel größer als nicht-existent sind und dass das in den Lottoschein investierte Geld mit fast 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit futsch ist. Und das sind nicht unbedingt peanuts, obwohl die Einnahmen durch Lotto in Deutschland seit Jahren stark zurückgehen. Der für 2011 erwartete Umsatz, also nach Abzug der Gewinnausschüttung, beträgt allerdings immerhin noch 6.000.000.000 Euro.




I WANT TO BELIEVE

Wenn man sein ganzes Leben eine bestimmte Weltsicht eingeimpft bekommt, gibt man diese nicht so schnell auf, selbst wenn man nicht mehr leugnen kann, dass eine konkrete Vorhersage nicht eingetroffen ist.
Um nicht seinen ganzen Glauben aufgeben zu müssen, erfindet das durch den conformation bias beeinflusste Hirn abenteuerliche Ausreden, warum die Prophezeiung nicht eingetreten ist und der Prophet dennoch im Großen und Ganzen ein wahrer Prophet ist. Die gängigsten sind:

- Die Prophezeiung stimmt voll und ganz, bis auf das Datum, das falsch errechnet wurde. Das vorhergesagte Ereignis wird sicherlich stattfinden, nur halt an einem anderen Tag.
- Die Arbeit der Sekte, z.B. die Verkündung des Untergangs und die Bekehrung einiger Sünder haben Gott versöhnlich gestimmt und er hat den eigentlich geplanten Untergang verschoben oder aufgehoben. Christliche Endzeitprediger berufen sich dabei gerne auf die Geschichte des Propheten Jona, der in Gottes Auftrag der Stadt Ninive die baldige Zerstörung durch den HERRN vorhersagte. Da die Leute spontan ihre Sünden bereuten, blies Gott die Sache jedoch ab. [Mehr dazu in "BIG FISH (Helden der Bibel Teil 3 - Jona)"]
- Gott wollte mit seiner Vorhersage den Glauben seiner Anhänger prüfen.


Die Zeugen Jehovas haben schon mehrere Weltuntergänge hinter sich. Nachdem die Prophezeiung der Apokalypse für 1874 nicht eingetreten ist, änderte man das Datum auf 1876 und dann auf 1914. Knapp hundert Jahre später gibt es immer noch Zeugen Jehovas.

Auch heute leben wir nicht unbedingt in einem goldenen Zeitalter der Vernunft, in dem niemand mehr an solche Propheten glaubt. Der amerikanische Prediger und Besitzer einer christlichen Radiosenderkette Harold Camping, der für das Jahr 1988 und 1994 schon zweimal medienwirksam das Ende verkündet hatte, war sich diesmal nach eigenen Angaben 100% sicher, dass am 21. Oktober 2011 die Apokalypse stattfinden würde. Zuvor, am 21. Mai 2011 sollte die Entrückung stattfinden, bei der alle wahren Christen von Gott zu sich in den Himmel geholt werden sollten.
Einige Tage nach dem 21. Mai änderte Camping seine Vorhersage auf eine Weise, die sehr typisch für Endzeitpropheten ist. Er änderte die Ankündigung einer sehr konkreten, beweisbaren Tatsache in ein metaphorisches, spirituelles Ereignis. So hatte die Entrückung seiner Meinung nach zwar stattgefunden, aber nicht wie zuvor verkündet, als körperliche Entrückung in den Himmel, sondern als göttliches Gericht, das an diesem Tag entschieden hatte, wer gerettet wird und wer nicht.
Ein geschickter Schachzug, da Camping so seinen Rückzug aus der Öffentlichkeit begründen konnte. Klar gehe trotzdem am 21. Oktober tatsächlich und nicht metaphorisch die Welt unter - da aber keine Seelen mehr gerettet werden können, sehe Camping nun keinen Grund mehr, in der Öffentlichkeit darüber zu reden.


1994? Nein!
(Und warum ist auf dem Cover von Campings Buch eigentlich die deutsche Flagge?...)


Solche selbsternannten Propheten müsste man nicht ernst nehmen, wenn es nicht immer auch ganz reale Opfer solcher Vorhersagen gäbe. So haben einige von Campings Anhängern ihren Job gekündigt und manche sogar die gesamten Ersparnisse ihres Lebens investiert, um in den vermeindlich letzten Tagen der Erde durch die Lande zu ziehen und ihre Mitmenschen zu warnen und sie, wenn möglich, vor ewigen Höllenqualen zu retten.
Der 90jährige Harold Camping dagegen ist noch immer Multi-Millionär.




Die Mehrheit der Christen hält Leute wie Harold Camping für einen Scharlatan und viele glauben, Leute wie er lassen das Christentum im Allgemeinen lächerlich aussehen. Was diese Leute oft übersehen, ist dass an Campings Prophezeiung nicht nur das konkrete Datum für den Weltuntergangs für Nichtchristen unglaubwürdig ist. Für sie ist die Vorstellung eines Weltuntergangs, einer Entrückung, der Wiederkehr Christi, des Kampfes gegen den Anti-Christen usw. prinzipiell nicht glaubhaft, egal ob es 2011 passiert oder 3011.
Harhar! Da werden sie aber blöd gucken, wenn Jesus bald auf die Erde kommt und sie tötet! Geschieht ihnen recht!

Laut einer Umfrage von 2010 glauben übrigens 40% der US-Bürger, dass Jesus Christus bis zum Jahr 2050 zurückkehren wird - also zur Lebenszeit von einigen heute lebenden Menschen.
Es ist leicht, sich über UFO-Sekten lustig zu machen. Aber man sollte sich bewusst sein, dass Millionen von Menschen in westlichen Industrienationen heutzutage daran glauben, dass einige von ihnen den Tod nicht schmecken werden.
Ganz so wie Jesus es versprochen hatte - allerdings Menschen, die seit fast 2000 Jahren tot sind.



ZUCKERBROT UND PEITSCHE

Das ewige Leben ist eine große Versprechung von Jesus, doch nicht die einzige. Wenn man den rechten Glauben habe, so verkündet er, könne man alles. Alles.

"13 Und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, auf daß der Vater geehrt werde in dem Sohne.
14 Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun."

(Johannes 14:13-14)

"23
 Wahrlich, ich sage euch: Wer zu diesem Berge spräche: Hebe dich und wirf dich ins Meer! und zweifelte nicht in seinem Herzen, sondern glaubte, daß es geschehen würde, was er sagt, so wird's ihm geschehen, was er sagt. 
24 Darum sage ich euch: Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, daß ihr's empfangen werdet, so wird's euch werden."

(Markus 11:23-24)

"12 Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und wird größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater."

(Johannes 14:12)


"7 So ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren."

(Johannes 15:7)



Praktischerweise lassen sich diese Behauptungen nicht überprüfen. Kommt man nach dem Tod tatsächlich in den Himmel oder die Hölle, kann man das niemandem erzählen. Hört man einfach auf zu existieren, kann man das dann natürlich erst recht niemandem mitteilen.
Und wenn man nicht das bekommt, was man will, liegt es natürlich nicht daran, dass die Versprechungen falsch sind, sondern ist immer die Schuld des Einzelnen, der halt nicht genügend stark glaubt...
Das ist ein Grundsatz des Christentums: Alles Gute kommt von oben und ist ein Beweis für die Existenz des lieben Gottes, woraus folgt, dass man ihn verehren und anbeten sollte.
An schlechten Dingen ist Gott aber prinzipiell unschuldig, dafür ist stets der Mensch verantwortlich: Ein Beweis für die Unvollkommenheit der Menschen, woraus folgt, dass man erlöst werden muss und Gott daher verehren und anbeten sollte. Confirmation Bias wie aus dem Bilderbuch.

Du musst nur hier unterschreiben, dann bekommst du alles, was du willst, musst niemals sterben und darfst in ewiger Glückseligkeit bei Gott im Himmel wohnen. Doch wehe, wenn nicht!
Komisch, klingt fast wie eine Sekte...
Wenn jemand einem so extrem unrealistisch große Versprechungen macht, ist das für einigermaßen rational denkende Menschen zumindest ein Zeichen, vorsichtig zu sein. Für manche Leute ist aber genau das Gegenteil der Fall: Je größer die Versprechungen, desto eher sind sie gewillt zu glauben.

Das ist nicht nur bei religiösen Dingen so. Ein gutes Beispiel ist das Lotto-Spiel. Mittlerweile weiß so gut wie jeder, wie hoch die Gewinnchancen sind - oder besser, wie niedrig sie sind. Und dennoch spielen viele Leute Lotto und wenn der Jackpot besonders hoch sind, spielen umso mehr Leute.
Zu dem bereits erwähnten Confirmation Bias kommt beim Lotto ein theoretisch möglicher Gewinn, der noch viel höher ist als zum Beispiel beim Automatenspiel. Für einen Einsatz, den sich fast jeder leisten kann, winkt ein Gewinn, der einen für den Rest seines Lebens schlagartig und ohne eigene Arbeit zu einem reichen Menschen machen kann.

Wenn der Einsatz nicht allzu hoch ist und der mögliche Gewinn extrem hoch ist, sind einige Menschen bereit, sich auf die theoretische Möglichkeit eines Gewinns zu konzentrieren und die astronomisch hohen Chancen eines Verlustes in Kauf zu nehmen.
Wie das Glücksspiel setzt auch Religion nicht im rationalen Teil des Gehirn an, sondern macht sich unsere Wünsche und Hoffnungen zunutze.

"1 Es ist aber der Glaube eine gewisse Zuversicht des, das man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, das man nicht sieht."


(Hebräer 11:1)




Das Versprechen auf ein ewiges Leben wäre an sich schon sehr effektiv, doch das Christentum fährt eine Doppelstrategie und verwendet mit seinem Konzept der "Hölle" auch eine oft noch stärkere Emotion, nämlich Angst.

Wenn man an den christlichen Gott glaubt und stirbt und es stellt sich heraus, dass es ihn nicht gibt - nun, Pech gehabt. Aber wenn man nicht an ihn glaubt, und es gibt ihn doch, dann muss man für immer in der Hölle schmoren.
Diese Überlegung des französischen Mathematikers Blaise Pascal ignoriert, dass es auch noch andere Religionen mit einer Hölle gibt, z.B. den Islam, in die man auch gelangt, wenn man fest an Jesus glaubt.
Aber diese Denkweise verdeutlicht den Kosten/Nutzen-Gedanken des christlichen Glaubens.

Natürlich gibt es noch andere Aspekte, warum Christen Christen sind - doch wer glaubt, die Angst vor der Hölle habe mit der Verbreitung des Christentums nichts zu tun, ist reichlich naiv.
Selbst heutzutage benutzen Christen noch die Masche, Furcht im Namen Gottes einzusetzen und zwar dann, wenn sie am mächtigsten ist: Im Kindesalter. In den USA gibt es zum Beispiel so genannte "Hell Houses", in denen die Qualen der Hölle sehr bildlich dargestellt werden, um kleinen Kindern Angst zu machen. Viel effektiver als solche Attraktionen ist allerdings der beständige Einfluss von fundamentalistischen Eltern und Priestern.

Angst ist ein extrem wirksames Instrument, um den Verstand auszuschalten und religiöse Dogmen zu verbreiten. Der niederländische Philosoph Baruch Spinoza drückte es bereits 1670 in "Der Theologisch-politische Traktat" so aus:

"Wenn die Menschen alle ihre Angelegenheiten mit zuverlässiger Berechnung regeln könnten oder wenn ihnen das Glück immer günstig wäre, so würden sie in keinerlei Aberglauben befangen sein.
Weil sie aber oft in schwere Verlegenheiten kommen, in welchen sie sich nicht zu helfen wissen, und gewöhnlich in ihrem maßlosen Verlangen nach ungewissen Glücksgütern zwischen Hoffnung und Furcht kläglich hin und hertaumeln, so ist ihr Geist meistens geneigt, alles zu glauben. Denn sobald derselbe im Zweifel befangen ist, läßt er sich von einem leichten Anstoß dahin oder dorthin treiben, und das um so leichter, je mehr er zwischen Hoffnung und Furcht schwankt, während er sonst nur allzu zuversichtlich, prahlerisch und aufgeblasen ist.
Dies kann meines Erachtens niemand verkennen, wiewohl ich glaube, daß die meisten sich selbst nicht kennen. Wer hätte unter den Menschen gelebt und nicht die Wahrnehmung gemacht, daß die meisten, solange sie sich glücklich fühlen, wären sie auch noch so beschränkt, dennoch so sehr von Weisheit zu strotzen glauben, daß sie sich beleidigt fühlen, wenn man ihnen einen guten Rat geben wollte; wogegen sie im Unglück nicht wissen, wohin, jeden Beliebigen um Rat anflehen und denselben befolgen, sei er auch noch so verkehrt, albern und abenteuerlich."

(Baruch Spinoza, Beginn des Vorworts zu "Der Theologisch-politische Traktat")




THIS IS THE END

Weil Furcht ein so mächtiger Faktor in unserem Denken sein kann, ist das Thema "Leben nach dem Tod" für das Christentum so bedeutend. Denn wir alle besitzen den starken Urinstinkt des Überleben-wollens und dennoch wissen wir, dass wir alle sterben werden. Man kann durchaus mit diesem Konflikt leben, aber einfacher ist es, den Tod als Ende des menschlichen Daseins zu verdrängen oder gar zu leugnen.
Vielleicht ist der Tod ja nicht das Ende, vielleicht ist der Tod nicht unumkehrbar? Auch wenn sie noch niemanden gesehen haben, der von den Toten zurückgekehrt ist, müssen Christen einfach an diese Möglichkeit glauben. Tun sie es nicht, so die Bibel, ist ihr Glaube eine vergebliche Mühe - die schlimmste Art von Mühe.

"12 So aber Christus gepredigt wird, daß er sei von den Toten auferstanden, wie sagen denn etliche unter euch, die Auferstehung der Toten sei nichts?
13 Ist die Auferstehung der Toten nichts, so ist auch Christus nicht auferstanden. 
14 Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.
15 Wir würden aber auch erfunden als falsche Zeugen Gottes, daß wir wider Gott gezeugt hätten, er hätte Christum auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen.
16 Denn so die Toten nicht auferstehen, so ist auch Christus nicht auferstanden. 
17 Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube eitel, so seid ihr noch in euren Sünden."

(1 Korinther 15:14-17)





Je stärker ein Glauben ist, desto stärker lässt sich die Realität so verbiegen, dass sie auf den Glauben passt. Manche können die Welt derart verformen, dass sie völlig in ihrer eigenen Fantasiewelt leben, die nichts mehr mit der Realität zu tun hat. Das muss nicht unbedingt immer schlecht sein, wenn es doch den Menschen die Angst vor dem Tod nehmen kann.
"Wieso sollte man Angst vor dem Tod haben?", verkündete der gläubige Christ, er wisse doch ganz sicher, dass er ewig leben werde und niemals wirklich sterben müsse! Dann starb er.



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SERIE: "DER MYTHOS JESUS"