18. Mai 2009

EIN CLEAR, BITTE! (oder: Scientology-Kunde)

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Außerirdische Seelen, ein Alien-Overlord namens Xenu, H-Bomben in Vulkanen...
Das Glaubenssystem von Scientology wirkt auf den ersten Blick seltsam.
Auf den zweiten auch.


Der Erfinder von Scientology trug den schönen Namen Lafayette Ronald Hubbard (oder kurz L. Ron Hubbard).
Was haben sich seine Eltern wohl dabei gedacht? Wenn man sein Kind Lafayette Ronald nennt, sollte es nicht allzu sehr verwunden, wenn aus ihm ein seltsamer Kerl wird.

Lafayette kämpfte im zweiten Weltkrieg in der US-Navy. 1943 war er Kommandant eines U-Bootes, das in eine mehrtägige, heldenhafte Schlacht gegen zwei feindliche U-Boote verwickelt war.
Einen klitztkleinen Haken gab es allerdings an der Sache: Laut US-Regierung befand sich zu der Zeit weit und breit kein einziges feindliches U-Boot in der Region...
Einen Monat später verlor er seinen Job als U-Boot-Kommandeur, weil er unerlaubt auf mexikanischem Staatsgebiet Urlaub machte. Dies war nicht die erste militärische Führungsposition, die er vergeigt hatte, und somit hatte sich seine Karriere in der Marine so gut wie erübrigt.

Mehr Erfolg hatte er danach (aber auch schon vorher) als Autor von Romanen und Kurzgeschichten, die den Genres Science-Fiction und Pulp-Fiction zugeordnet werden. Der Religionsstifter schrieb Geschichten mit Titeln wie "The Carnival of Death" oder "Man-Killers of the Air".


Im Jahre 1950 entwickelte L. Ronald ein "wissenschaftliches" System namens Dianetik, welches das Fundament von Scientology bildet und den bescheidenen Anspruch hatte, die moderne Psychologie überflüssig zu machen. Erschienen ist es erstmals in dem Magazin "Astounding Science Fiction".
Kerngedanke ist, dass in allen Menschen unsterbliche außerirdische Seelen, die Thetans, wohnen. Traumata, die die Thetans seit Millionen von Jahren erleiden mussten, "engrams", peinigen den Menschen noch heute. Die Aliens sind also nicht unter uns, sondern in uns!
Doch mit einer raffinierten Fragetechnik, dem "auditing", kann man dem Menschen helfen. Ziel ist es, den Teil des Geistes, der von den unerwünschten fremden Erinnerungen gequält wird, "reaktiver Geist" genannt, komplett zu löschen, "clear" zu sein.
Einerseits von besagten Traumata der Thetans, allerdings auch von persönlichen, wie z.B. die eigene Geburt. Das bringt enorme Vorteile. Laut Hubbard kann man dadurch beispielsweise seinen IQ um 50 Punkte erhöhen.

Bereits 1952 gründete Hubbard die erste "Church of Scientology".
Die bietet nun eine Backstory für die Thetans.
Diese haben vor langer Zeit die materielle Welt erschaffen. Wegen ihres langen Lebens in dieser haben sie allerdings leider die Erinnerung an ihren wahren Ursprung vergessen und bewohnen nun einen sterblichen Körper nach dem anderen. Wenigstens sind sie dabei weit herumgekommen: Die Erde ist nicht der erste Planet, den sie bevölkern.
Doch sie kamen nicht freiwillig auf unseren Planeten, den sie Teegeeack nannten:
Ein bösartiger, außerirdischer Chef der "galaktischen Konföderation" namens Xenu fror die Körper der Thetans vor 75 Millionen Jahren ein.
Danach schickte er Milliarden von ihnen in einem Raumschiff auf die Erde, wo er sie in Vulkanen gefangen hielt, in denen er dann auch noch Wasserstoffbomben detonieren ließ.
Doch die Seelen der Thetans entkamen, indem sie sich in Menschen versteckten, wo sie seitdem wohnen. Als ob die Leute vor 75 Mio. Jahren nicht schon genug Probleme hatten.
Sie litten beispielsweise unter Überbevölkerung: Es gab zu der Zeit etwa 178 Milliarden Menschen auf Teegeeack, die bereits Autos und Züge benutzten.
Diese Geschichte, "space opera" genannt, ist nicht etwa symbolisch zu verstehen, sondern als unumstößliche Tatsache.

In Scientology ist der "clear"-Zustand nun nicht mehr der höchste erreichbare. Über ihm gibt es diverse OT(operating thetan)-Level. Der bisher höchste ist OT VIII. Wie man diese Level erreicht, erfährt man nur als zahlendes Mitglied der "Church of Scientology". Dies ist, laut Selbstauskunft von Scientology, nötig, um unbedarfte Menschen vor Wissen zu schützen, das für Uneingeweihte potentiell gefährlich sein kann.

Laut L. Ron Hubbard selbst ist Scientology ein Business. Offen gab er zu, den Status als anerkannte Religion aus steuerrechtlichen Gründen angestrebt zu haben, was der "Church of Scientology" dann, nach jahrelangem Ringen mit der Regierung der USA, dort auch gelang.
Mit den verrückten Geschichten der etablierten Religionen kann Scientology aber definitiv mithalten.

2 Kommentare:

Hannah hat gesagt…

Der Unterschied zwischen Scientology und den etablierten Religionen ist, 1. dass Scientology eine antidemokratische Diktatur anstrebt in der Nicht-Scientologen nur eingeschränkte Rechte haben; 2. in den Kirchen das Beichtgeheimnis gilt, während Scientology über jeden Akten anlegt, Überwachung lässt grüßen; 3. Scientology ein Wirtschaftskonzern ist, während die Kirchen das Geld aus der Kirchensteuer u.ä. für Kindergärten, Nachmittagsbetreuung für Schüler, Altenpflege und andere Dinge ausgibt, die gesellschaftliche relevant sind; 4. man aus der Scientology nicht so einfach wieder rauskommt, während bei den etablierten Kirchen ein einfacher, formloser Brief an die Gemeinde reicht. Sie machen ihre Einnahmen und Ausgaben transparent. Also bei aller Kritik an (fundamentalten) Christen/Muslimen/Juden/was auch immer, diese bitte nicht mit der Scientology in einen Topf werfen.

MARIOLANDblog hat gesagt…

Na ja, ich habe ja nur die Geschichten, die Mythologie von Scientology mit denen der großen Religionen verglichen: Für mich als Heiden klingen die Behauptungen, dass die ersten Menschen aus Lehm bzw. einer Rippe gemacht wurden und wir alle von deren einzigen Sohn abstammen, (fast) genauso verrückt wie die Space Opera.

Zu deinen Punkten:
1. Das gilt ebenso für einige islamische Gottesstaaten
2. Beichte gibt es nur in der katholischen Kirche
3. außerdem für Pastorengehälter, Kirchen, etc.
Sicher tut die Kirche auch viel Gutes. Es gibt aber genügend nicht-kirchliche Organisationen, die das Selbe tun. Und wenn man die unterstützt, bezahlt man keinen (im Extremfall pädophilen) Pfarrer.
4. In einigen islamischen Ländern kann man auch nicht einfach seine Religion wechseln/ablegen, ohne extreme Nachteile zu haben (bis hin zum Lynchmob)
In den USA kommt es gar nicht so selten vor, dass Atheisten auf Grund ihrer Gottlosigkeit ihren Job verlieren.

So viel zu "in einen Topf" werfen ;-)
Aber prinzipiell hast du schon Recht.